Full text: Bilder aus Amerika (Bd. 1)

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seine Handaxt und spaltet der Bestie den Nacken. Dann greift er behend 
hinter die Vorderbeine, hebt das Tier ins Fahrzeug und tötet es vollends 
durch einen Schlag mit dem stnmpsen Ende der Axt auf die Mitte des 
Rückgrates. So werdeu nacheinander 10 Stück erlegt; behend zieht ihnen 
der Jäger am Ufer die Haut ab und rollt sie, nachdem sie mit Salz 
eingerieben worden ist, zusammen. Sie wird zu einem sehr geschätzten, 
namentlich in der Porteseuillefabrikatiou verwandten Leder verarbeitet. 
Die Jagd ist auch für solche Leute, die sehr erfahren darin sind, nicht 
ganz gefahrlos. Ausgewachsene Alligatoren werden übrigens anch auf 
sehr einfache Art gefangen. In einem durch eingeschlagene Pfähle ab- 
gegrenzten Raum am Ufer wird ein Stück Schweinefleisch am oberen 
Ende eines schräg gelegten Brettes befestigt. Sobald das Untier die 
Lockspeise berührt, schnellt das Brett in die Höhe uud versperrt den Rück- 
weg. Von halbwüchsigen Alligatoren werden die wie Hühnerfleisch 
schmeckenden Schwänze gegessen. Die ganz jungen werden mit der Hand 
gefangen und oft in Aquarien eingesetzt. 
Ein letzter Streifzug an die texanische Grenze führt uns in höher 
gelegene Gebiete, wohin die letzte große Überschwemmung nicht gedrungen 
ist. Hier erhalten wir Gelegenheit znr Hirschjagd. Leicht kann sich der 
Jäger an die hübschen Tiere anpürschen, die heller und kleiner als unsere 
europäischen Edelhirsche sind. 
Nun eilen wir nach New-Orleans zurück; aber wie traurig ist das 
Leben in der regsamen Stadt verändert! Der „gelbe Jack", das furcht-, 
bare gelbe Fieber, hat seinen Einzug kürzlich gehalten. Kaum sind wir 
in die Stadt eingetreten, da sehen wir vor einem Hause zwei Neger, die 
einen weißen Mann in ihren Armen halten. Wild und wirr hängt dem 
Bejammernswerten das Haar um das Gesicht, das aschfahl gefärbt ist; tief 
und fast erloschen liegen seine Augen in den Höhlen, die Lippen sehen 
blan aus. Die Kleiduug des Unseligen ist arg beschmutzt, er muß also 
gestürzt sein. „Das gelbe Fieber!" schreien die Neger den Vorüber- 
kommenden zu, und scheu weicht jedermann zur Seite, während der Weiße 
vollends in den Armen seiner Führer zusammenbricht. Nicht weit von 
dieser Stelle hält ein großer Kastenwagen; mehrere andere Schwarze 
legen soeben ziemlich gefühllos einen Toten hinein. Wenige Schritte 
weiter hängt ein schwarzer Flor an einem Hause — ein Zeichen, daß auch 
hier ein Toter abzuholen ist. Und überall, so weit wir sehen können, 
wehen rechts und links solche düstere Wimpel — traurige Beweise dafür, 
daß die Seuche furchtbare Verheerungen anrichtet. Schweigend, ergriffen 
von den Bildern des Schreckens, eilen auch wir im schmalen Schatten 
der Häuser dahin; hastig jagen die Fuhrwerke vorüber, überall gewahren 
wir die Wagen und Pferde der überreich beschäftigten Ärzte. 
Von unseren Bekannten ist schon mancher dahingerafft, die Über- 
lebenden schauen düster und niedergeschlagen drein. „Es ist ein wunder- 
bares Gebiet, dies Louisiana mit seinen Sumpfwäldern!" sagt unser 
jagdliebender Bekannter, den wir zuerst aufsuchen. „Nimmer rastend schafft
	        
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