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I. Kursus: Deutschland und seine Schutzgebiete.
Das Tal der Eörlitzer Neiße ist der dritte wichtige Patz über die Su¬
deten, die irrt Lausitzer Gebirge enden und hier Sachsen von Böhmen
scheiden. Die Sudeten sind dichter bevölkert als manche Teile der
Ebene; das ist eine Folge der regen Industrie, die sich teils auf die
Gräfte der Gebirgswässer und den Kohlenreichtum in der Walden-
burger Gegend stützt, teils in der Hausindustrie der armen Eebirgs-
bevölkerung ihren Ursprung hat.
Die schlesische Ebene verdankt ihre Fruchtbarkeit der Oder, die
bei Oppeln das oberschlesische Hügelland verläßt. Breite, mit Löß-
boden bedeckte Platten begleiten das Tal; besonders gesegnete Gaue
sind um Breslau, zwischen Liegnitz und Schweidnitz, und die südliche,
an Lehm und Ton reiche niederschlesische Bucht. Aus dem Schwemm-
lande ragen eine Reihe isolierter Basaltkegel empor, wie die Landes-
kröne bei Görlitz und der Zobten bei Breslau. Weniger fruchtbar ist
die rechte Oderseite mit sandigem Boden und Kiefernwaldungen. Die
oberschlesische Platte ist eine reizlose Hügellandschaft, deren sohlen-
schätze und Erzlager sie zu einem bedeutenden Bergwerks- und Hütten-
bezirk Europas gemacht haben. Diese Gegend zeigt eine ungemeine
Verdichtung der Bevölkerung; auf 485 qkm wohnen fast 500 000 Men¬
schen, und „dicht neben dem Gewimmel arbeitsamer Menschen und
rauchender Schlote liegen weite Waldungen, in denen schlesische Mag-
naten ihre Wildparke abgrenzen".
b) Aus diesem Charakterbild ergibt sich, daß Ackerbau auf der linken
Oderseite und in den Vorbergen der Sudeten getrieben wird. In den
Sudeten selber kann diesem Zweige der Betätigung wegen der klima-
tischen Verhältnisse keine Bedeutung zukommen. Nur Flachs und
Kartoffeln werden hier gebaut. Der Wiesenreichtum läßt Almwirt-
schaft zu. Die Almhütten heißen Bauden, deren Zahl man auf etwa
3000 schätzt, während die Zahl der Rinder und Ziegen etwa zehnmal
so groß ist. Ein Teil der Bauden ist in Gasthäuser umgewandelt, die
jahraus jahrein Tausende von Touristen beherbergen. Aus den un-
scheinbaren Gebirgsdörfern Krumhübel und Schreiberhau sind blühende
und vornehme Sommerfrischen geworden. Die Sudeten sind auch
reich an Heilquellen, von denen die in Warmbrunn, Salzbrunn, Flins-
berg, Landeck die besuchtesten sind. An Mineralien findet man in den
Sudeten Magneteisenerz bei Schmiedeberg und Steinkohlen bei Walden-
bürg und Gottesberg. Diese Lager stehen unter den deutschen Kohlen-
becken an 5. Stelle. In den Vorbergen, dem Bober- und Katzbachgebirge,
gibt es Arsenerze uud Marmor an der Katzbach, Granit und Basalt in
den Striegauer Bergen.
In den Sudeten blüht die Industrie. An erster Stelle steht
die Leinenindustrie, die in Hirschberg, Landeshut (Grünfeld), Liebau,
Erdmannsdorf ihre Sitze hat. Als Hausindustrie ist das Spinnen und
Weben über das ganze Gebirge verbreitet. Langenbielau und Peters¬
waldau sind die größten Weberdörfer. Die reichen Waldungen haben
Holzhandel und eine ausgebreitete Holz- und Glasindustrie im Ge-
folge. (Iosephinenhütte in Schreiberhau, Agnetendorf und Herms-