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X. Das Kaiserreich Rußland.
weithin leuchtenden Flammen. Die Leute wallfahrteten von weit und breit
herzu und beteten das heilige Feuer an. Jetzt sammelt man die ausströmen¬
den Gase und verwendet sie in Fabriken zu Leucht- und Heizzwecken.
Das innere Rußland ist fast ganz ein gewaltiges Tiefland. Ohne Rand¬
höhen tritt es an die Küsten heran. Nur auf der Halbinsel Krim erhebt sich
an der Südküste ein Gebirge. Auf weite Strecken, auf ganze Tagereisen ist
das Land so einförmig daß man fast gar keine Abwechslung wahrnimmt.
Doch fehlen Unterschiede in der Bodenerhebung nicht. Breite, völlig ebene
Medemngen an Flüssen und Seen wechseln mit welligen Flächen und Hügel¬
landschaften. Einige Höhenzüge durchziehen das ausgedehnte Tieflandsgebiet.
Vom skandinavischen Gebirge aus zieht sich eine Platte nach Nordwestrußland
durch Lappland und Finnland. In gleicher Weise ziehen sich von den Karpathen
Hügelländer nach Südwestrußland zwischen Dnjepr undDnjestr; von der ober¬
schlesischen Platte aus zieht sich eine ziemlich hohe Platte nach Polen hinein.
Im Innern Rußlands erhebt sich die Waldaihöhe. Auf ihr entspringen
mehrere Ströme, wie die Wolga und die D ü n a. Südlich davon zieht
sich ein Höhenzug zwischen dem Dnjepr und dem Don hin; es ist die mittel¬
russische Landhöhe. Westlick von der Wolga erhebt sich die Wolgaschwelle.
Vom Ural aus zieht sick ein Landrücken nach Westen; er bildet die Wasser¬
scheide zwischen der Dwina und der Wolga.
4. Rußlands Flüsse.
Da Rußland so groß und gewaltig ist, so hat es auch gewaltige Ströme.
Die Wolga ist der größte Strom Rußlands. Sie ist über zweimal so
lang als die Elbe und hat eine Länge von 3700 km. Das Flußgebiet der
Wolga ist dreimal so groß als Deutschland. Sie entspringt auf der Waldai-
höhe und fließt in mehreren großen Bogen nach Südosten und mündet in
das Kaspische Meer. Ihr strömen große Flüsse zu. Früh wird sie schiffbar.
Schon von T w e r an trägt sie größere Fahrzeuge. Bei Nishnij-Nowgorod ist
sie schon 700 bis 800 m breit. Ihre Breite wächst immer mehr. Wo die
Kaum einmündet, ist sie bereits 1500 m breit; an der Mündung ist sie sogar
gegen zwei Stunden breit. Ihr Gefälle ist gering. Ihre Tiefe wechselt sehr.
Neben Stellen, die 15 bis 25 m tief sind, gibt es solche, die kaum 2 m Tiefe
haben. Vor der Mündung bei Astrachan teilt sich die Wolga in viele Arme.
Ihre Wassermasse ist am Ende viermal so groß als die des Rheins. Sie
trägt große Dampfer und Schleppschiffe, sowie große Flöße. Gegen 2000
Dampfschiffe beleben den Strom. Freilich ist sie jährlich ein knappes halbes
Jahr zugefroren. Dazu mündet sie in einen Binnensee. Im Frühjahr über¬
schwemmt sie die niedrigen Ufer weithin, besonders das niedrige Wiesenufer
östlich von der Wolgaschwelle. Hier bildet sich dann ein langer See, der 20
bis 40 km (4 bis 8 Stunden) breit ist. Wichtig ist, daß auch ihre Neben¬
flüsse sehr groß und weithin schiffbar sind, besonders die Kama und die
Oka. Die Wolga ist mit ihren Nebenflüssen ungemein fischreich; sie ist viel¬
leicht der fischreichste Strom der Erde. In ihr leben ungeheure Mengen von
Hechten, Stören, Welsen, Weißfischen usw. Gegen 10 000 Fahrzeuge und
über 50 000 Mann liegen dem Fisckfauge ob. Aus den Eiern des Störs ge¬
winnt man den teuern und wohlschmeckenden Kaviar. Aus seiner Schwimm¬
blase bereitet man Fischleim (die Hausenblase).
Der Ural ist der Grenzfluß zwischen Europa und Asien. Er mündet