28 Josephs II. Übergriffe im Reiche
miteinander verbinden soll, Städte wieder aufzubauen, die seit der Pest
im Jahre 1709 wüst geblieben sind, Sümpfe von 20 Meilen auszu¬
trocknen und einige Ordnung einzuführen, die man dort nicht einmal
dem Hamen nach kannte. Dann habe ich in Schlesien meine armen Igna¬
tianer^ über die Strenge des römischen Hofes getröstet, ihrem Grden
neue Kräfte gegeben und sie nach Provinzen verteilt. So erhalte ich sie
und mache sie dem Staate nützlich, da ich ihre Schulen zum Unterrichte
der Jugend angewandt wissen will, dem sie sich nun ganz widmen
werden. —
1>. Bayrischer Erbfolgekrieg unö Deutscher Zürstenbund.
39. König Friedrich an Kaiser Joseph II. gegen dessen Übergriffe im Reiche?
Schönwalde, 14. April 1778.
Mein Herr Bruder! Ich habe mit aller möglichen Genugtuung den
Brief empfangen, den (Eure Kaiferl. Majestät die Güte hatte, mir zu
schreiben. Ich habe weder einen Minister, noch einen Schreiber bei mir,
so muß sich (Eure Kaiferl. Majestät mit der Antwort eines Soldaten be¬
gnügen, der Ihnen mit Ehrlichkeit und Offenheit über einen der wich¬
tigsten Gegenstände schreibt, die die Politik seit langer Zeit dargeboten
hat. Niemand wünscht mehr als ich den Frieden und das gute (Einver¬
nehmen (Europas zu erhalten. Aber es gibt für alles Grenzen, und hier
liegt ein so heikler Fall vor, daß guter Wille allein nicht genügt, die
Lage in voller Ruhe aufrechtzuhalten. (Eure Majejtät wolle mir ge¬
statten, Ihnen offen den Stand der gegenwärtigen Frage aus der Lage
der Dinge auseinanderzusetzen. (Es handelt sich darum, festzu¬
stellen, ob ein Kaiser nach freier Willkür über die Reichslehen ver¬
fügen kann. Das widerspricht den Gesetzen, Gewohnheiten und Ge¬
bräuchen des Römischen Reiches. Kein Fürst wird dazu die Hand
bieten, jeder wird sich auf sein Lehnrecht berufen, das diese Besitzungen
den Nachkommen sichert, und niemand wird seine Zustimmung dazu
1 Clemens XIV. hatte den Iesuitenorden aufgehoben. Friedrich aber hatte
die Bekanntmachung des päpstlichen Breves in den Herzogtümern Schlesien und
Kiene verboten und schrieb am 13. September 1773 an den Abbe (Toiombine,
feinen Agenten in Rom: Sagen Sie es jedermann, der es hören will, jedoch
ohne Prahlerei und Affettation, und suchen Sie auch eine schickliche Gelegenheit,
es dem Papste oder dem ersten Minister zu sagen, daß in Ansehung der Iesuiten
mein Entschluß dahin gefaßt ist, sie in meinen Staaten in jenem Zustande, in
dem sie sich bis jetzt befanden, beizubehalten. 3m Breslauer Frieden habe ich
in Ansehung der Religion den Status quo für Schlesien gewährleistet. Ich habe
in allen Hinsichten nie bessere Priester als die Iesuiten gefunden. Fügen Sie
zugleich auch hinzu, daß, da ich in die Klaffe der Ketzer gehöre, der heilige
Vater mich eben so wenig von der Obliegenheit, mein lüort zu halten, als von
den Pflichten eines ehrlichen Mannes und eines Königs lossprechen sönne.
Preuß, Friedrich der Große. III, S. 234.
2 Oeuvres VI, S. 186.