358 Kap. 40. Schwächung des deutschen Reichs. (Der span. Erbfolgekrieg.)
die für unüberwindlich gehaltene Festung Lille (Ryssel), so daß Lud¬
wig, durch so viele Unfälle erschöpft, fich für seinen Enkel mit Neapel
und Sicilien zufrieden erklärte und, als man nicht darauf eingieng,
nicht nur auf die ganze spanische Erbschaft verzichten,
sondern sogar Elsaß zurückgeben wollte.
Allein als man ihm die harte Gegenbedingung machte, daß er
seinen Enkel mit den Waffen aus Spanien vertreiben helfen solle,
setzte Ludwig lieber den Krieg wieder fort.
Als aber sein, mit großer Anstrengung unter Villars neu aus¬
gestelltes Heer von Marlborough und Eugen 1709 bei Malplaquet
aufs Neue geschlagen wurde, erbietet sich Ludwig, durch Geldunter-
stützungcn seinen Enkel vertreiben zu helfen. Auch dicß wird mit thö-
richtem Uebermuthe zurückgewiesen, und schon rückt Karl zum
zweitenmal siegreich in Madrid ein, als — Marlborough's Sturz
und Kaiser Josephs I Tod Ludwigen unerwartet aus aller seiner
Noth befreite.
Marlborough nämlich, der seither an der Spitze der englischen
Whigpartei gestanden war und durch seine Gemahlin die regierende
Königin (Wittwe des gleich im Beginn dieses Krieges gestorbenen
Wilhelms von Oranien, Königs von England) auf eine ihr unbe¬
queme Art geleitet hatte, fiel bei dieser seiner Königin in Ungnade,
und das whigistische Ministerium und Parlament mußte einem mehr
torystischen weichen. Als nun durch Jose pH's I eintretenden Tod sein
Bruder, der bisherige Prätendent der spanischen Krone (der ohnedieß
kurz zuvor wieder aus Madrid hacke weichen müssen)
17111 als Karl der Sechste die österreichischen Besitzungen und die deutsche
Kaiserkrone bekam, so erschien dem neuen englischen Ministerium der
neue Kaiser, wenn er auch noch die spanische Monarchie dazu bekäme,
zu mächtig. Darum eröffnete England geheime Unterhandlungen mit
Frankreich, und befahl dem Marlborough, sein Commando einem
Andern zu übergeben; und als Eugen in den Niederlanden den
Feldzug von 1712 eröffnete, sah er sich von englischer Unterstützung
verlassen und verschiedene feste Plätze giengen an Frankreich verloren.
(4.) Unterdessen waren die bisherigen Unterhandlungen zwischen Eng¬
land und Frankreich
1713 zum Frieden von Utrecht gediehen, in welchem England den
Philipp V aus dem Hause Bourbon als König von
Spanien und Indien unter der Bedingung, daß die französische und
die spanische Krone nie vereinigt werden dürften, anerkannte und sich