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c) vie in Thüringen und Sachsen häufige Endung leben, die sprach¬
geschichtlich auf löba, leiba d. h. Nachlatz. Erbe zurückzuführen ist. weist deutlich
auf Sippenbesitz hin. Die Nachkommen eines Sippenhauptes, der als Grtsgründer
angesehen und geehrt wurde, eignen sich das nach ihm benannte, übernommene
Wohngebiet familienrechtlich an.
d) Ehemals slawische Gebiete bekunden sich durch die Endungen in, is, itz,.
itsch. itzsch. eitzsch, ow, die aus der Provinz Brandenburg besonders bekannt sind.
2. Farblosere Endungen wie lar (Grt), stat, sted, stetten, Hausen. Hof. büttel,.
wyl, berg. tal, dal. leiten hinüber zu einer zweiten Gruppe von Grtsbenennungen,
die für den Geographen dadurch noch interessanter ist. da hier die Namengebung.
an landschaftliche Siedelungsverhältnisse und Grtseigentümlichkeiten anknüpft.
a) Überaus zahlreich sind vorfnamen, die sprachlich den Zusammenhang mit
dem für jede Siedelung so unentbehrlichen Wasser ausdrücken in Endungen wie°.
a. ach, au, äffe, bach, beck, born, brunn, beuren, baden, spring, furt, gemünd; auf
die Insellage weisen die Endungen werth, wörth, werder; Zusammensetzungen mit
broich, bruch, brühl, mar, strut, suhl, sor, ror, ried, moor, möos erinnern an
sumpsiges Gelände.
b) An den Wald knüpfen sich die Worte loh, lahe, law, läge, Hagen, holz,,
Horst, hart, busch. Aus einer späteren Phase von vorfgründungen, aus der mit dem
Susgang der Karolingerzeit also mit dem Ende des ersten Jahrtausends einsetzende
Periode der Rodungen, des Waldlichtens stammen die in West- und Süddeutschland,
auch in der Schweiz, so zahlreichen Zusammensetzungen mit reut, rüti, roth, rott,
rode, roda, brand, schlag, hau, schwand, schwend (der Wald ist zum verschwinden
gebracht!). Solche Ortsnamen zeugen noch von den hartnäckigen Anstrengungen
der Urbarmachung.
c) Auf Kapellen und Kirchen als geistliche Keimzellen und Siedelungskerne
zu Dörfern deuten: Kirch(en), zell, Kappel, Koppel, Münster; auf Höhenlage oder
weltlich-grundherrliche Siedelungen weisen: bürg, fels, stein, steig. Auf Verkehrs¬
und Grenzlage weisen die Anhängsel stratz, brück, scheid.
bchlutzbetrachtungen.
von einem Ballon oder Berge aus betrachtet, erscheint die Dorfflur mit ihren
regelrechten Ackerstreifen oder ihrem krausen Liniengewirr wie ein festes Gewebe
zwischen den Bauern und ihrer heimischen Scholle, und wie die Spinne im Netz
liegt im Konvergenzpunkt aller dieser ?äden das Dorf, die Siedelung. von der aus
gestaltender Wille, bewußte Arbeit in die Natur ringsum ausstrahlt: ein schönes
Zusammenklingen von Natur und Kultur, von Gewachsenem und Gestaltetem. Das
Dorf ist ein selbständiger Siedelungsorganismus, mit eigenen Wurzeln
und Kräften, darum auch mit eigenen Entwicklungsbedingungen und Bedürfnissen.
Weil es das ist und nicht etwa blotz eine untergeordnete vurchgangsstufe' zur
Stadt hin. darum kann und darf es 'auch nicht nach städtischen Matzregeln
wahllos formiert und fortgebildet werden. Unter dieser irrtümlichen,
geringschätzigen Bewertung hat die vorfkultur seit dem 14. Jahrhundert,
in dem Matze, wie Deutschland aufhörte, ein blotzes Agrarland zu sein.