14 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 6.
so daß der Graben darunter herfloß. Der bedeutendste Verkehr ging
nach dem Rhein durch das Gppenheimer Tor. Gft stand nachts die
ganze „Niedergasse" voller Wagen und Güterfuhrwerke. 1825—1827
wurden die Tore niedergelegt.
vor dem Dreißigjährigen Kriege besaß Groß-Gerau 2 Kirchen und
eine Kapelle. Die Hauptkirche hatte 7 HItäre und 7 Priester. Die
Zerstörung durch General Gallas im Jahre 1634, der auch die Kirche
zum Opfer fiel,') Pest (1632—1634), Flucht und Hungersnot rafften den
größten Teil der Bewohner dahin, so daß nach dem Friedensschluß nur noch
50 Einwohner und 39 Häuser vorhanden waren. — Groß-Gerau ist der
Sit} eines Kreisamts, eines Kreisgesundheitsamts, Kreisveterinäramts, der
Schul- und Baubehörden des Kreises. Tin Amtsgericht, eine Gberförsterei,
ein Finanzamt, eine Bezirkskasse und ein Zollamt reihen sich diesen an.
Ein hübsches Denkmal aus früherer Zeit ist das im Mittelpunkt der
Stadt stehende Rathaus. Den Hauptanziehungspunkt für Fremde bilden
die herrlichen Wälder nördlich der Stadt. In diesen großenteils staatlichen
Forsten übte Landgraf Ernst Ludwig die Jagd aus. Er war ein leiden-
schaftlicher Jäger und sah auf reichlichen lvildstand. Den Bürgern Groß-
Geraus erwuchs dadurch großer Schaden, Niederholt führten sie Be-
schwerde. Endlich erreichten sie die Umzäunung eines abgegrenzten Parkes,
in welchem Damwild durch besondere Fütterung in großer Zahl gehegt
wird. Ostlich von diesem Wildpark steht im Groß-Gerauer Stadtwald das
„Niederwald-Denkmal". Dies eigenartige Denkmal wurde von den
Bürgern Groß-Geraus errichtet, „frohlockend über die Glückseligkeit der
Zeit" zum „Gedächtnis des Lustlagers, welches unser Durchlauchtigster Herr
Erbprinz mit der geliebtesten Frau Gemahlin in einer zahlreichen fürst-
lichen Gesellschaft im Jahre 1782 im Monat Huguft 12 Tage lang höchst
vergnügt und zur Freude des Volkes auf diesem Felde gehalten hat".
Das nahe Forsthaus IVoogsdamm steht am Damme eines früher dort be-
fmdlichen U)ooges (ZDoog = stehendes Gewässer).
2. Nur 1,5 km südlich von Groß-Gerau liegt der frühere Grafensitz
Dornberg mit 250 evangelischen Einwohnern. Anfangs Sitz der Grafen von
Dornberg, die hier in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein mit IVällen,
Gräben, Zugbrücken, Mauern und doppelten Toren versehenes Schloß
bauten, ging Dornberg an die Grafen von Katzenelnbogen über, deren Resi¬
denz es bis 1375 blieb. 1638 brachten im Schloß die Bewohner der Um-
gegend ihre Habseligkeiten in Schutz, 1689 wurden Schloß und Dorf Dorn-
berg von den Franzosen ganz verbrannt, Rn der Stelle der Schloßrumeu
steht die Gberförsterei. Ihr gegenüber liegt die „Fasanerie". Sie ist mit einer
') Eine Inschrift in der Turmhalle weist auf diese Vernichtung und den Wieder-
aufbau in der nachfolgenden Friedenszeit hin.