Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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genannte Februarrevolution, zur Folge hatte. Der König entsagte dem 
Throne zu gunsten seines Enkels, des minderjährigen Grafen von Paris; 
aber es war zu spät. Ludwig Philipp mit seiner Familie mußte die Flucht 
ergreifen (er starb 1850 in England); Frankreich wurde Republik, eine 
provisorische Regierung (Lamartine) wurde gebildet und durch allgemeine 
Volksabstimmung eine „verfassunggebende Nationalversammlung" berufen. 
Als diese wieder eine festere Verfassung einzuführen begann und die unzufriedenen 
„Arbeiter" hierdurch ihre Absicht, das Bestehende völlig umzukehren, vereitelt sahen, 
entstand (im Juni) eine wilde Erhebung derselben, um die „rote Republik" zu errichten, 
d. h. dem sogenannten „vierten Stande" die Herrschaft zu verschaffen. Die Verteidigung 
des Staates gegen den furchtbaren Angriffübertrug die Nationalversammlung dem General 
C avaignac, der in mehrtägiger Stratzenschlacht den Aufruhr bewältigte. 
Die Verfassungsberatung war im November beendigt; ein jedesmal 
aus 4 Jahre durch Abstimmung des gesamten Volkes ernannter Präsident 
sollte an die Spitze der Verwaltung treten, neben ihm eine gesetzgebende 
Nationalversammlung stehen. Als Präsident wurde am 10. Dezember ge- 
wählt der Neffe des Kaisers Napoleon I., Ludwig Napoleon Bona- 
parte. 
Ludwig Napoleon Bonaparte, Sohn des ehemaligen Königs von Holland und 
der Hortense Beauharnais (s. die Stammtafel § 67), geb. 20. April 1808 in Paris, 
lebte seit Napoleons I. Entthronung mit seiner Mutter in Konstanz und auf Arenaberg im 
Thurgau, besuchte 8 Jahre das Gymnasium in Augsburg; später war er Zögling des 
schweizerischen Generals Düfour in den Kriegswissenschaften, 1831 im Jnfurgentenheere 
in Italien, 1834 Berner Artilleriehauptmann. Er schrieb 1832 „Politische Phantasmen", 
1835 ein „Handbuch der Artillerie", machte 30.Oktober 1836 einen Aufstandsversuch 
in Straß bürg (da er sich nach dem Tode des Herzogs von Reichstadt 1832, des so¬ 
genannten Napoleon II., als den Erben Napoleons I. betrachtete), wurde gefangen und 
nach Amerika gebracht, kehrte jedoch 1837 zurück und begab sich, da die französische Re- 
gierung seinen Aufenthalt in der Schweiz nicht dulden wollte, 1838 nach England. Er 
stellte in seinen 1839 erschienenen „Napoleonischen Ideen" Napoleon I. als Be- 
gründet und Vorkämpfer der ganzen fortschreitenden Entwicklung der neuesten Zeit dar, 
benutzte die durch Überführung der Asche Napoleons I. nach Paris neu erregte napo- 
leonische Begeisterung zu dem Aufstandsversuche in Boulogne 6. August 1840, 
wurde zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurteilt und nach der Eitadelle in Ham 
gebracht. Er entwich, als Arbeiter verkleidet, 1846 und ging nach London, kam nach dem 
Ausbruche der Februarrevolution nach Paris, um „unter die Fahne der Republik zu 
treten", und wurde in 5 Departements zum Mitglied der verfassunggebenden National- 
Versammlung gewählt. 
3. Italien. 
Schon vor der Februarrevolution waren in mehreren Staaten Italiens Un- 
ruhen entstanden. Im März 1848 empörten sich, angefeuert durch die Ereignisse 
in Frankreich, die Lombarden gegen die österreichische Herrschaft. Der König 
Karl Albert von Sardinien, den Aufstand unterstützend, erklärte an Österreich
	        
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