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Die im Westen und Osten besetzten Gebiete.
§ 417.
Juden, 8,2% Polen), Die Zahl der Deutschen beträgt insgesamt 70—80000. Das Reli¬
gionsbekenntnis der Bewohner ist überwiegend das römisch-katholische (in Kowno
77%, in Suwalki 76, in Wilna 59).
Im Gegensatz zu Polen haben wir hier ein von der Industrie nur wenig berührtes
Land. Der Boden ist an manchen Stellen ganz vorzüglich, hat aber große Sumpf-
gebiete. Die Waldbedeckung ist nicht so umfassend, als man meist annimmt; sie
entspricht im Durchschnitt derjenigen Deutschlands mit ihren 26% (Kowno 25,4,
Suwalki 23,7, Wilna 27,6%). Landwirtschaft und Forstwirtschaft stehen auf
niedriger Stufe.
Die wichtigsten Städte sind in Kowno: Kowno Wilkomir, Rossijeni, Schawli
(Schaulen), Ponnewesh (Ponewisch), Nowo-Alexandrowsk (südwestl. von Dünaburg) und
Telsche; in Suwalki: Suwalki, Augustowo, Kalwarija und der Grenzort Wirballen;
in Wilna: Wilna, Swenzjany und Smorgon. — Über die Zukunftsmöglichkeiten dieses,
an Größe Bayern und Württemberg gleichkommenden Gebietes sagt Dr. Neumann:
„Eine zielbewußte Förderung des Wirtschaftslebens könnte für mindestens die doppelte
Einwohnerzahl (also für weitere 4 Millionen) Raum schaffen. Durch Rodung eines Teiles der
Wälder, durch Austrocknunsl von Sümpfen, durch Zerschlagung mindestens eines Teiles des
Großgrundbesitzes, durch Schaffung vor allen Dingen zureichender Verkehrswege würde die
Möglichkeit gegeben sein, Hunderttausende von Bauernfamilien nen anzusetzen. Der Bau von
Straßen, Brücken, Eisenbahnen usw. würde sofort der deutschen Industrie Aufträge zuführen,
und die im Laufe der Jahre steigende Aufnahmefähigkeit der Bevölkerung würde uns einen
immer größeren Absatz unserer Jndnstrieerzeugnisse sichern. Denn daß hier jemals in größerem
Umfang ein eigenes Großgewerbe entstehen könnte, ist nahezu ausgeschlossen, da es vor allem
vollkommen an Kohlen nnd anderen billigen Kraftstoffen fehlt."
Das ebenfalls ganz besetzte Gouvernement Groöno mit den Städten Grodno |,
Bjelostok #?, Brest-Litöwsk ß, Kobrin, Slonim, Wilkowisk usw., gehörte bis 1795
mit zu Polen. Es ist eine sumpfreiche Ebene mit viel Sandboden. Der Waldbestand
(meist Nadelwald) beträgt zwar nur reichlich 26% (wie in Deutschland), gibt aber
durch ein paar Riesenforsten dem Land einen besonderen Charakter. Am bekanntesten
ist der Wald von Bialowicz (Bjelowesch), ein 1276 qkm großer Urwald, 70 km
südöstl. von Bjelostok und ebenso weit nördl. von Brest-Litowsk im Sumpfgebiet der
Narewka, eines Nebenflusses des Narew. Er besteht zu 2/s aus Nadelhölzern, zu V30
aus Eichen und ist bekannt als Hegegebiet von etwa 700 Stück Wisent (fälschlich als
Auerochsen bezeichnet). — Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Weißrussen,
daneben aus Litauern, ferner aus 20% Polen und 19% Juden. Auf Ackerland
entfallen 40%. Von Bedeutung ist die Wollindustrie, die nächst der Moskauer
die bedeutendste Rußlands ist. Sie hat ihre Hauptsitze in und um Bjelostok und ljegA- - iMtftif
Zu einem erheblichen Teil in den Händen von Deutschen. : ^ ernatioaale
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Kurland/ s . ^
Reicht. 27 000 qkm (gleich Rheinprovinz), 750 000 Einw. (Rheinprovinz 7 Mill.); 27 ans 1 qkm
(in der Rheinprovinz 264, in Ostpreußen 56).
§ 417. 1. Bewohner. Kurland und das nordöstl. davon liegende, noch nicht
von uns besetzte Livland und Estland haben für uns vom geschichtlichen Standpunkt
aus ein größeres Interesse als Litauen, gehörten doch diese Gebiete mehr als 400 Jahre
x) Lies zunächst Hauptteil § 381.