Full text: Schulgeographie des Königreiches Sachsen

28 Erstes Kapitel. 
Boden bei Schneeberg an Stellen, wo nicht die geringste Anssicht ans Gewinn 
bestand, oder sie erwarben liegengelassene, unrentable Bergwerke und verkauften 
nun in fremden Städten Anteilscheine solch' wertvoller Gruben und wurden 
sie an Leichtgläubige reißend los! 
Für die Schmelzhütten und zu den Schachtbauten war natürlich auch hier 
eine Masse Holz nötig; bald war die Umgegend von Schneeberg kahl, und das 
Holz mußte von weiterher herbeigebracht werden; zu diesem Zwecke wurde der 
berühmte, 7 km lange Schneeberg er Floß graben erbaut, der die ans der 
Mulde daherkommenden Hölzer des Eibenstocker und Schönecker Waldes uach 
Schneeberg leitete. Die einfachen Maschinen der Bergwerke und Pochhütten 
wurden durch Wasserkraft getrieben; da nun Schneeberg an keinen: Flusse liegt, 
so wurde oberhalb der Stadt eine sumpfige Mnlde in einen großen Teich, den 
Filzteich, verwandelt, der nun die sog. „Aufschlagwässer" lieferte. 
Der Schneeberger Kobalt. Die ganze Herrlichkeit des Schneeberger Silber- 
bergbanes dauerte aber nur reichlich 100 Jahre; uoch vor dem Jahre 1600 hörte 
die Silberausbeute vollständig aus. Was nun? Schon immer hatten die Berg- 
leute neben den Silbererzen ein Erz angetroffen, das im Aussehen dein Silber- 
erze ähnlich war und doch kein Silber enthielt. Wegen dieser Täuschung nannten 
sie es Kobold, woraus das Wort Kobalt entstanden ist, und schütteten es auf 
die Halde. Beim Schmelzen liefert dieses Erz zwei Metalle, das graue Kobalt¬ 
metall und das silberweiße Nickelmetall; mitleiden wußte man anfangs nichts 
anzufangen. Bald aber kam ein findiger Kopf dahinter, daß sich aus dem ver- 
achteten Kobalt eine himmelblaue Farbe herstellen ließ. Es entstanden zahlreiche 
Farbenwerke bei Schneeberg, und die silberleeren Gruben wurden znm großen 
Teile zur Gewinnung des plötzlich hochgeschätzten Kobalterzes weiter betrieben. 
Daher finden wir die beiden einzigen Blausarbenwerke, die es in Sachsen gegen- 
wärtig noch gibt, Oberschlema und Niederpfanuenstiel, in der Nähe'Schneebergs. 
Schneeberg ist der Hauptfundort des Kobalts und Oberschlema daS größte Blau- 
farbeuwerk der ganzen Erde. Die Herstellung der blauen Farbe geschieht folgender- 
maßen: Das Kobalterz wird geröstet, wodurch es, indem Schwefel und Arsen 
entweichen, zu einem blauen Glase zusammenschmilzt. Dieses wird dann zu 
einem himmelblauen Pulver zermahleu, das den Namen Smalte führt und als 
Farbe verwendet wird. 
3. Annaberg. Die dritte Glanzperiode des erzgebirgifchen Silberbergbaues 
kuüpst sich an den Namen Annaberg. Schon 22 Iabre uack dem Sckneeberaer 
Fnnde erscholl ein neues „Berggeschrei", wie mau damals die Kuude vom Auf- 
findet reicher Erzaderu nannte. Am Schreckenberge, der am linken Ufer der 
Sehma kurz vor ihrer Mündung in die Zfchopan liegt, in einer als die „wilde 
Ecke" bezeichneten dichtbewaldeten Gegend war diesmal das Glück erschienen. 
Wieder vollzog sich dasselbe Schauspiel des massenhaften Zuströmens fremder 
Menschen wie bei Freiberg und Schneeberg. Die Menge der Zugezogenen er- 
baute aber ihre Wohnhäuser nicht auf dem Schreckenberge selbst, sondern auf 
dem AbHange des jenseits der Sehma sanft ansteigenden Höhlberges. Bald 
darauf steckte man hier eine Stadt ab, die den Namen „Neustadt am Schrecken- 
berge" erhielt, denn der silberbergende Schreckenberg, nicht der Pöhlberg, war 
die Lebensquelle der Stadt. Einige Jahre später aber wurde sie umgetauft uud 
zu Ehren der heiligen Anna, einer Schutzpatronin der Bergleute, St. Annaberg 
genannt^ auch die im Bau begriffene gewaltige Kirche trug den Namen St. Annen- 
kirche. In der Blütezeit des Annaberger Bergbanes waren daselbst mehr als 
300 Zechen; der Landesherr Georg der Bärtige ließ eine eigene Münze in der 
Stadt errichten, an die alles ansgeschmolzene Silber von den „Gewerken" (den
	        
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