Full text: Schulgeographie des Königreiches Sachsen

rcrcc2cn4 II. Germanischer Götterglaube N ον 
Wesen immer mehr mit menschlichen Eigenschaften aus und erschuf sich so 
eine Reihe von Göttern nach dem Bilde des Menschen. Ihrem Kerne 
nach also sind die Mythen oder Göttersagen poetische Anschauung der 
Natur, die älteste Poesie unseres Volkes. 
In ihren Grundzügen aber stimmen die religiösen Vorstellungen der 
Germanen mit denen der verwandten Volker, der großen indogermanischen 
oder arischen Völkergruppe, überein. Denn einst in unvordenklicher Zeit 
gehoͤrten die Germanen (ebenso wie die meisten anderen europaischen Völker, 
die Griechen, die Italiker, die Relten, die Slaven und von den asiatischen 
hölkern die Perser und die Inder) ein em großen Urvolke an, das man 
Indogermanen oder Arier S die Trefflichen, Herrlichen) nennt. Es 
hatte seinen Sitz im nordostlichen Iran, auf der Westseite von Hochasien. 
Wie jedes Volk, das sich ausbreitet, wieder in einzelne Stämme und 
voͤlkerschaften zerfällt, so sonderten sich auch von diesem großen Urvolke in 
Asien, der Wiege der Völker, die einzelnen Volksstämme ab: ein Stamm, 
die Inder, stieg in die fruchtbaren Cbenen des Indus und Ganges hinab, 
andere begannen, ein unaufhaltsamer Völkerstrom, den gewaltigen Zug 
nach dem Westen, nach Curopa, so daß sich die einzelnen Zweige des 
arischen Urvolkes im Caufe der Jahrhunderte vom Indus und Ganges 
bis zur westlichsten Halbinsel Curopas, nach Spanien, hin ausbreiteten. 
Wãhrend die Slaven den Osten Curopas besiedelten, zogen die Hellenen 
in die Balkanhalbinsel, die Italiker in die italische Halbinsel von Norden 
her ein; die sielten drangen weiter nach Westen vor; die Germanen nahmen 
zunächst das Land zwischen Oder und Elbe in Besitz, verdrängten aber 
später ihre keltischen Nachbarn auch aus dem Gebiete bis zum Rheine 
westlich und bis zu den Alpen südlich. Ein Zweig von ihnen, die Nord 
germanen, besiedelte die noͤrdlichen Halbinseln, Dänemark und Skandinavien, 
und die benachbarten Inseln. Diese Nordgermanen, die Dänen, Schweden 
und Norweger, sind also die nächsten Stammverwandten der Südgermanen, 
der eigentlichen Deutschen; sie stehen ihnen in Sprache, Sitten und religiösen 
Anschauungen am naͤchsten, da sie am längsten mit ihnen vereinigt blieben. 
Erst innerhalb der Wohnsitze, die sie dauernd behaupteten, entwickelten 
sich die einzelnen Stämme des indogermanischen Urvolkes zu besonderen 
Nationen (der deutschen, römischen, griechischen, indischen u. s. w.), indem 
sich jedes Volk in Sitten, Cinrichtungen und Anschauungsweise aufs innigste 
der Natur seines Heimatlandes anpaßte und im Zusammenhang damit 
seine Sprache ausbildete. So wurden sie allmählich zu Volkern, die sich 
untereinander nicht mehr verstanden; ihre gemeinschaftliche Abstammung 
aber läßt sich noch jetzt aus der Verwandtschaft ihrer Sprachen erkennen. 
Auch auf die Ausbildung der religiösen Vorstellungen dieser einzelnen 
Voͤlker übte die ganze Natur der Umgebung, in der sie heimisch wurden, 
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