§ 18. Der Wiener Kongreß 1814/15 und Napoleons Rückkehr 1815. 51
Bei einem Gehöfte südwärts von Belle -Alliance begrüßten sich
die Sieger Wellington und Blücher. Preußische Reiterregimenter unter Gnei-
senctu setzten noch in der Nacht den fliehenden Franzosen rastlos nach.
4. Napoleons zweite Verbannung 1815. Schon am 22. Juni nötigten
die französischen Kammern Napoleon wiederum zur Abdankung; seine
zweite Herrschaft hatte nicht ganz „hundert Tage" gedauert. Als die Ver¬
bündeten auf Paris anrückten, flüchtete er an die Westküste, um von da
nach Amerika zu entrinnen, mußte sich aber in Rochefort einem englischen
Kriegsschiffe gefangen geben. Alsbald traf das Urteil ein, welches die
Sieger über den Wehrlosen gefällt hatten: ein englisches Schiff führte
ihn auf das Eiland S t. - H e I e n a, inmitten des Atlantischen Ozeans. Am
18. Oktober wurde er dort als „General Bonaparte" ans Land gesetzt.
5. Zweiter Friede von Paris 1815. Paris hatte sich am 3. Juli
Blücher und Wellington ergeben. Einige Tage darauf langten Lud¬
wig XVIII. und die verbündeten Monarchen dort an. Am 20. No¬
vember 1815 kam der endgültige Friede zustande, in dem Frankreich
noch einige der 1814 behaltenen Landstriche abtrat: Saar¬
louis und Saarbrücken an Preußen, Landau an Bayern, Savoyen-Nizza an
Sardinien: außerdem mußten die von Napoleon weggeschlepten Bücher¬
schätze und Kunstwerke, darunter das Gespann der Viktoria auf dem
Brandenburger Tor zu Berlin, zurückerstattet und 700 Millionen Franken
Kriegsentschädigung gezahlt werden. Der Wunsch deutscher Patrioten, den
Franzosen Elsaß-Lothringen, die geraubten Vorlande des Deutschen
Reiches, wieder abzunehmen, blieb unerfüllt. Die Familie Bona p arte
wurde aus Frankreich verbannt.
M u r a t machte im Oktober 1815 nochmals einen Versuch, sein unter¬
italisches Königtum zurückzugewinnen; er geriet dabei in Gefangenschaft und
wurde standrechtlich erschossen. — Napoleons Sohn, Napoleon II., wurde
1818 von seinem Großvater, dem Kaiser Franz I., zum Herzog der böhmischen
Herrschaft Reichstadt ernannt, starb aber schon 1832. — Eugen Beau-
harnais wurde 1817 von seinem Schwiegervater, dem König Maximilian I.
von Bayern, zum Herzog von Eichstätt und Leuchtenberg eingesetzt. Als solcher
starb er 1824 in München. Seine Nachkommen, die Herzoge von Leuchten¬
berg, leben heutzutage als Mitglieder des Zarenhauses in Rußland.
6. Napoleons Lebensende. Während in Frankreich über Napo¬
leons letzte Anhänger ein hartes Gericht erging — Ney wurde erschossen,
bejahrte Männer wie Carnot und Sieyes in die Verbannung geschickt -
lebte der entthronte Kaiser unter den Augen einer englischen Bewachung
noch sechs Jahre aus St.-Helena, nur von wenigen Getreuen umgeben.
Von einem schweren Magenleiden ergriffen, starb er am 5. Mai 1821.