Full text: Heimatskunde der Provinz Hannover

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nahm mit andern Herren eine Kirchenvisitation. Mit weiser Mäßigung 
ließ man manche an sich gleichgültige katholische Ceremonieen bestehen; 
die Mißbräuche aber, die vorhanden waren, wurden abgestellt. Es 
währte auch nicht lange, da bekannte sich sast das ganze Land zur 
lutherischen Lehre. 
2. Ein zweites wölfisches Herzogtum bildete zur Zeit der Resorma- 
tion die jetzige Lauddrostei Lüneburg. Hier herrschte zu jener Zeit 
Herzog Ernst, einer der wenigen deutschen Fürsten, die sich zuerst und 
mit voller Inbrunst der Lehre Luthers zuwandten. Herzog Ernst, „der 
Bekenner" genannt, war 1497 geboren und als zarter Knabe an den 
Hof seines Oheims, des Kurfürsten Friedrich des Weisen, gesandt 
worden. Von hier begab er sich auf die Hochschule zu Wittenberg, 
erlebte daselbst den kühnen Ansang der Reformation und lauschte mit 
Hingebung den Worten und der Lehre Luthers. Nach kurzem Anfent- 
halte am Hofe des ritterlichen Königs Franz I. in Frankreich wurde 
der junge Fürst bereits 1520 zur Regierung berufen. — Die lutherische 
Lehre hatte sich im Lüneburgischen bereits an einigen Orten Eingang 
verschafft; man weiß nicht, ob durch die unwiderstehliche Gewalt eines 
Lutherliedes, welches Wanderer nach dem Norden trugen, oder ob durch 
jene fliegenden Blätter, die von den Vorgängen in Wittenberg Kunde 
durch die Welt trugen. Den vielfachen Anfeindungen gegenüber, denen 
die neue Lehre seitens der Geistlichkeit, der Stadtbehörden und des Adels 
begegnete, duldete Herzog Ernst bereits 1524 eine junge kirchliche 
Genossenschaft in Celle; ja, er that noch mehr, er bemühte sich selber 
rastlos um die weitere Verbreitung und den Ausbau der Kirchen- 
reformation in seinem Lande. — Auf dem Reichstage zu Augsburg 1530 
unterschrieb Herzog Ernst mit den andern evangelischen Fürsten das 
Augsburgische Glaubensbekenntnis, und er ist demselben in guten und 
bösen Tagen treu geblieben. So erwarb er sich den schönen Beinamen des 
Bekenners. — Von Augsburg brachte er sich einen trefflichen Gehülfen 
in der Person des Urbanus Rhegius mit, den er zum General- 
Superintendenten ernannte. Ernst hatte ihn herzlich lieb. Als Rhegius 
nach zwei Jahren wieder einen Ruf nach Augsburg erhielt, da hörte 
Ernst dies mit tiefer Bewegung, hob seine Finger zu den Augen empor 
und sprach: „Weiß ich doch nicht, ob ich lieber ein Auge missen wollte 
oder meinen Doctor; denn der Augen habe ich zwei, aber nur einen 
Rhegius." Dann zu diesem sich wendend, bat er: „Lieber Urban, bleibt 
bei uns! Ihr könnt wohl jemand finden, der euch mehr Geld giebt als 
ich, aber keinen, der eurem Predigen lieber zuhört." Rhegius blieb und 
hat in Gemeinschaft mit Herzog Ernst noch viel Gutes gewirkt, bis 
er 1541 die Augen schloß. Herzog Ernst der Bekenner starb 1546, 
den 11. Januar, also kurz vor dem Tode seines Lehrers und Freundes 
Luther. 
3. So hat in den alt-welsischen Herzogtümern Kalenberg, 
Lüneburg, Braun schweig, Göttinge u, Grubenhagen das 
lutherische Bekenntnis von Anfang an vorgeherrscht. Aber auch diejenigen 
Landesteile, die erst später an Hannover gefallen sind, bekennen sich vor¬
	        
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