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Allein es ist nur die eine Hälfte des Himmels, welche über
dem Gesichtskreis des Beschauers liegt; die andere bleibt ihm be-
ständig verborgen. Steht die Sonne noch jenseits des Äquators,
in der andern Erdhälfte, so ist am Pol noch tiefe ununterbrochene
Nacht, welche ein halbes Jahr lang währt. Erst wenn der lench-
tende Himmelskörper dem Aequator sich nähert und ganz uahe
unter demselben steht, fängt es an, Tag zu werdeu, und wenn er
endlich über deu Horizont heraufgestiegen ist, geht er ein halbes
Jahr laug nicht mehr unter, sondern kreist um denselben rings
umher, wie alle auderen Himmelskörper.
Da für diese Zone die Sonne sich nie hoch über den Horizont
erhebt, und daher ihre Strahlen immer nur sehr schief auffallen,
so erreicht auch die Temperatur dieser Gegenden keinen beträchtlichen
Grad, und die dadurch veranlaßte Kälte uimmt mit der Annähe-
rung zu deu beideu Polen schnell zu, bis sie eudlich eine Heftigkeit
und Ausdauer erreicht, welche beiuahe allem Pflanzen- nnd Thier-
leben feindlich entgegentritt. Nur um die Zeit der Sonueuwende
kann wegen des langen Verweilens der Sonne über dem Horizonte
die Wärme oft ans einige Wochen einen bedeutenden Grad er-
reichen, der aber doch nicht fähig ist, den erstarrten Boden aufzu-
thanen oder die uugeheuren Eisfelder zu schmelzen, welche die Po-
larmeere riugs umlageru. Kein Getreide, keiu Baum kann gezogen
werden, nnd selbst von wildwachsenden Pflanzen gedeihen nur
wenige Arten Kräuter und Moose nnd etwas Strauchwerk. Grausig
aber wüthet die Kalte während der langen Winternacht, so daß
das Quecksilber gefriert und die Glieder des Menschen in wenigen
Augenblicken erstarren. Die meisteu dieser Gegenden sind daher
entweder gar nicht oder nur sparsam bewohnt, nnd die Thiere,
welche daselbst leben, vermögen dieß nur dadurch, weil die Natur
sie durch den dichtesten Pelz geschützt hat.
Die Länge nnd das Schreckliche der Polarnächte wird indes;
dnrch mehrere Umstände beträchtlich gemildert. Denn znvörderst
währt hier die Abenddämmerung sehr lange, weil die Sonne nie-
mals sehr tief unter dem Horizonte steht, und dem Wiedererscheinen
der Soune geht gleichfalls eine sehr lange Morgendämmerung
voraus, die in Zeit von 24 Stuudeu deu gauzeu Himmel umkreist.
Au den Polen selbst danert die Morgen- und Abenddämmerung
zusammen 2 X 50 = 100 Tage.
Ferner ist die Brechung der Lichtstrahlen an den Polen wegen
der großen Schiefe des Winkels, nnter welchem sich die Sonne dem
Horizont nähert, so beträchtlich, daß das Bild der Sonne schon
lange vorher in und über dem Horizonte wahrgenommen wird, ehe
noch die Soune selbst zu ihm gelangt.
So sah z. B. der holländische Seeeapitän Barends, der im