68 Charakter-Säugetiere Afrikas.
sich aus seiner Nähe zu entfernen; denn laut und donnernd
zeigt er diese an. Nur die langsam vordringende Zivilisation,
die aus Europa in den Nachbarweltteil hinübergreift, scheint
ihm engere Grenzen zu ziehen, sowohl am Kap, als am Sene-
gal und namentlich in den nördlichen Provinzen uud Ländern
in der Berberei, wo er sonst über den Menschen, oder doch
wenigstens mit ihm geherrscht und iu fast unglaublich großer
Zahl gehaust zu habeu scheint. Der Löwe liebt zu seinem
Aufenthalte Ebenen, Thäler oder Hügelland, wo es Buschwerk
giebt; fast nie aber findet man ihn in hohen Gebirgen. Daher
ist er auch in dem meist gebirgigen Marokko weit seltener, als
in der Regentschaft Algier. In Tunis soll er früher häusig
gewesen sein, ist aber durch die dort dichter als sonstwo zu-
sammenwohnenden Araber fast ausgerottet worden. Überall,
wo es Beduinen giebt, siedelt auch der Löwe sich an, da er
weiß, daß es ihm in ihrer Nähe an Fräße nie fehlt. Aus den
Herden der Araber holt er sich auch da, wo es an anderem
Wilde nicht fehlt, sein Futter am häufigsten, und bei der un-
geheueru Zahl ihres Viehes wird es den Beduinen schwer, ihm
diese Beute streitig zu machen. Auf der Weide zerstreuen sich
die Herden über einen ziemlich weiten Raum, von wo der Löwe
leicht ein isoliertes Stück fortschleppt. Bei Nacht sind die
Herden zwar innerhalb Duars und von vielen Hunden bewacht;
dennoch wagen sich auch dorthin die Löwen, wenn der Hunger
sie treibt. Sobald der Löwe hungrig und raublustig ist, giebt
er dieses durch Wedeln uud Schlagen des Schwanzes auf den
Rücken oder durch Schütteln der Mähne zu erkennen. Sieht
man einen Löwen, welcher den Schwanz nicht rührt, so kann
man getrost an ihm vorbeigehen, ja ihn sogar durch Werfen
eines Stückchen Holzes aus dem Wege treiben. Das Gerassel
eines Wagens, das Geklatfche einer Peitsche verjagt ihn dann
regelmäßig.
Von der Stärke des Löwen kann man sich eine Vorstellung
machen, wenn man bedenkt, daß dieser „König der Tiere" mit
einem zweijährigen Rinde im Rachen 8 — 10 Fuß hohe Dornen-
hecken überspringt. Das Gebrüll desselben ist so furchtbar,
daß die Erde davon erdröhnt und alle Tiere, die es hören,
vor Entsetzen fast die Besinnung verlieren. Die Eingeborenen
fürchten den Löwen natürlich in hohem Grade und suchen ihn
mit allen Mitteln zu vertilgen; denn er vermag außerordent¬