Full text: Charakterbilder aus der mathematischen und physischen Erdkunde (Abt. 4)

140 Der Golfstrom. 
Wir können diese Betrachtung nicht abbrechen, ohne zu be- 
merken, daß für den Seemann es weder des Thermometers noch 
der eigentümlichen Änderung der Meeresfarbe bedarf, um ihn 
fofort den Golfstrom erkennen zu lassen. Eine wirbelnde Be- 
wegung des Wassers, ein unruhiger Wellenschlag und große 
Mengen treibenden Seetangs bezeichnen dem kundigen Auge die 
Ränder und Kanten desselben. Indem sich ferner die Tempe- 
ratur des Wassers der darüber lagernden Lust mitteilt, wird 
durch den Kampf ungleich erwärmter Luftmassen die Oberfläche 
des Stromes und besonders die Grenze desselben der Schauplatz 
von atmosphärischen Erschütterungen, deren Heftigkeit an die 
tropische Calmenzone erinnert. Nebel und Regen, Gewitter 
und Stürme bezeichnen den Lauf der warmen Gewässer durch 
das nordatlantische Meer und machen ihn, vorzüglich im Winter, 
schon in weiter Ferne kenntlich. Treffend hat daher Maury 
den Golfstrom als den großen „Sturm- und Wetterkönig" des 
Ozeans bezeichnet. Zugleich begreift man. daß die Seeleute, wie 
sie einerseits den Golfstrom aussuchen. um sich seine östliche 
Bewegung zu Nutze zu machen, ihn andererseits zn gewissen 
Jahreszeiten eben so sehr meiden um der heftigen Stürme willen, 
die ihn begleiten. 
III. Bewegungen der Lnft. Klima. 
I. Nie Seewinde. 
Die Sonne ist die wahre Ursache der atmosphärischen wie 
der Meeres-Strömuugen, und sie erzeugt dieselben nicht sowohl 
durch die Anziehungskraft, als durch ihre erwärmende Thätigkeit. 
Indem ihre Strahlen die Lust der tropischen Zone erhitzen, 
teilen sie dieser Lust eine aussteigende Bewegung mit und ziehen 
die kalte Luft der Polarzonen an. So entstehen Strömungen 
und Gegenströmungen, welche, durch die Achsendrehung des Erd- 
balls modifiziert, die große atmosphärische Zirkulation bilden.
	        
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