Sizilien. 107
eifern, um den Reisenden zu fesseln und zu entzücken. Eine
Fahrt um die Küsten läßt ihn zahllose malerische Inseln und
Vorgebirge erblicken. Von dem schönen Hafen Messinas schaut
er nach den ernsten Bergen Kalabriens hinüber und denkt an
die Katastrophe, welche die Insel vom Festlande losriß und die
sagenberühmten Strudel der Scylla und Charybdis x) schuf. Auf
den Felsstufen des griechischen Theaters von Taormina sitzend,
schaut er seitwärts über opuntienbedeckte Felsabhünge in das tief
unten brandende Meer und geradeaus über die grünumrankte
Scenenwand auf das schneeige Haupt des Ätna. Im alten
Syrakus schaut er in die denkwürdigen Steinbrüche, in denen
einst Tausende von Athenern schmachteten, jetzt Tauseude von
Orangen reifen, wandelt durch die dritthalbtansendjährigen Gassen,
Theater und Befestigungen oder drängt den Nachen durch der
Kyane flüsterndes Papyrus-Dickicht. Hoch über der Strand-
Ebene von Girgenti steht er mit ehrfurchtsvollem Staunen
Riesensäulen altgriechischer Tempel, Gräber und Quadermauern
hoch über die Olivenwipsel aufragen. Im Innern reitet er
tagelang durch die Bergwerksgebiete, in denen alles von Schwefel
zu sein scheint, und in der „goldenen Muschel" von Palermo
weiß er nicht, ob er mehr die stolze Hauptstadt mit ihren präch-
tigen Bauten, oder das Gartenparadies oder den rötlichen Vor-
gebirgskoloß des Monte Pellegrino mit seinen unvergeßlichen
Formen bewundern soll.
Gedicht „Die Bürgschaft" von Schiller.
12. Malta').
a) Lage, b) Geschichte, c) Bewohner und Produkte. 6) Die Hauptstadt.
a) Als man noch trockenen Fußes von Kalabrien nach
Sizilien hinübergehen konnte, bestand auch eine große Landbrücke
zwischen Sizilien und Afrika, so daß der östliche und der West-
liche Teil des Mittelmeers völlig von einander getrennt waren.
Die Fluten haben nur einige Pfeiler der Brücke in den Inseln
*) S. Homers Odyss. XII über die Scylla und Charybdis (dorthin
sind zwei Felsen . . . .)
2) = Melite, Bienenland.
3) = Das hafenreiche Land.