71 Die Fixsterne. § 166
Spektrum). Die gelben Sterne — zu denen auch unsere Sonne gehört, — sind in
der Abkühlung schon weiter fortgeschritten; der Kern hat zu-, die Dampf-Atmo-
sphäre entsprechend abgenommen, das Spektrum zeigt viele Metall - Linien
(s. auch Sonne §143). Bei den roten Sternen ist die Temperatur noch weiter
gesunken, so daß die Elemente anscheinend bereits Verbindungen eingehen
konnten (z. B. Kohlenwasserstoffverbindungen), die im Spektrum breite Streifen
(sog. Banden) erzeugen.
c) Doppelsterne; veränderliche Sterne; Sternhaufen.
Ooppelsterne. In großen Fernrohren zeigt sich, daß da, wo das Auge nur einen §
Stern sieht, in manchen Fällen zwei Sterne sehr nahe beieinander stehen (Doppelsterne), von denen
entweder der eine um den andern, oder die beide um eiuen gemeinschaftlichen
Schwerpunkt kreisen. Heute sind bereits rund 10000 solcher Doppelsterne bekannt. (Auch 113
dreifache, 9 vierfache uud 1 fünffaches System hat man gefunden.) Zu den Doppelsternen gehören
auch Sirius im Großeu und Prokyon im Kleinen Hund, und zwar wurde ihr Begleiter schon
vor seiner Auffindung errechnet (von Bessel, Direktor der Sternwarte in Königsberg, im Jahre
1844).* Daß man ihn lange nicht finden konnte, lag daran, daß er in beiden Fällen nur eine
äußerst geringe Leuchtkraft hat (etwa 13. Größe). Der Begleiter des Sirius wurde 1862, der
des Prokyon erst 1896 aufgefunden.
2. Veränderliche (und neue) Sterne. Eine Anzahl von Sternen (meist sind es rote)
wechseln ihren Helligkeitsgrad. Die Schwankungen können sich regelmäßig und unregel-
mäßig vollziehen, können sehr stark (z. B. zwischen 1. und 10. Größe) uud sehr gering sein und
sehr langfristig (in Iahren) und sehr kurzfristig (in Tagen) stattfinden. Vielleicht haben diese
Sterne, gleich der Sonne, dunkle Flecke, deren Größe sich bei der Rotation ändert. Bei einem
von ihnen (dem Stern Algol im Perseus, uuweit der Capella) handelt es sich zweifellos um eiue
„Sonnenfinsternis", d. h. es geht ein Planet vor diesem Stern vorüber (s. Diesterweg S. 339)
und zwar alle 21/2 Tage in einer Dauer von 8y* Stunden. (Also hier findet die Annahme, daß
auch die Fixsterne Planeten haben, für einen einzelnen Fall eine Bestätigung.2 Im allgemeinen
wird man wohl nie den Beweis für die Existenz von Fixstern-Planeten erbringen können, da diese
als dunkle, kleine Körper nicht erkennbar sind. Daß aber ausgerechnet allein der Fixstern „Sonne"
sein Planetensystem haben sollte, alle übrigen nicht, wäre eine völlig unbegründete Annahme). ^
Zu den veränderlichen darf man auch die „neuen" Sterne zählen, die irgendwo an einer
Stelle, wo man sonst nie einen Stern sah, auftauchen, häufig einen sehr hohen Hellig«
keitsgrad erreichen und dann allmählich wieder völlig unsichtbar werden oder aber als schwach
leuchtende Sterne bestehen bleiben. Der dänische Astronom Tycho Brahe (gest. 1601)4 erblickte
1572 in der Cassiopeia einen Stern, der bald das hellste aller Gestirne, den Planeten Venus,
an Helligkeit übertraf, so daß er auch bei Tage gesehen wurde, 2 Jahre später aber schon
für das bloße Auge nicht mehr erkennbar war (Tychonischer Stern). Im Jahre 1901 tauchte
im Sternbild Perseus (unweit der Capella) ein neuer Stern aus (die'Nova Perssi), der bald
als Stern 1. Größe leuchtete, 1903 aber bis zur 11. Größe abgenommen hatte. (Im 19. Jahr-
hundert sind 11 neue Sterne gesehen worden ) Man erklärt das Aufleuchten neuer Sterne damit,
daß ein fester Weltkörper in eine kosmische Wolke („ein Gebilde fein verteilter Materie") ein¬
tritt, wobei seine Oberfläche so stark erhitzt wird, daß er sichtbar wird.
1) Vgl. die Errechnung des Planeten Neptun vor seiner Auffindung, § 153.
2) Allerdings ist dieser „Planet" wenig kleiner als der Hauptstern (2/s gegen 3/s Sonnen¬
masse, so daß es sich eigentlich um einen Doppelstern (s. oben), nicht um eine „Sonne"
mit einem Planeten handelt.
3)^„Wie viele Billionen Sonnen mag es geben, deren jede einem Planetensystem Licht
und Wärme spendet und Billionen von lebenden Wesen die Möglichkeit ihres Daseins gewährt"
(Diesterweg-Meyer S. 369).
*) Er war es, aus dessen Beobachtungen Kepler seine drei Gesetze ableitete (§ 145).