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Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
chischer und asiatischer Lebensweise übten den verderblichsten Einfluß
aus. Auch die Frauen wurden durch diese fremdartigen Gewohn¬
heiten veranlaßt, die alte Einfachheit, häusliche Zurückgezogenheit und
stille Thätigkeit auszugeben. Dieser nachteilige Einfluß rief geradezu
eine Empörung der Frauen hervor. Die Römerinnen durften
nämlich, wie schon bemerkt wurde, in Wagen ausführen, purpurne
Gewänder und allerlei Kleinodien von Gold und Silber tragen, das
Haar rötlich pudern und sich nach morgenländischer Sitte schminken.
Nach der Schlacht bei Cannä war Rom in der größten Gefahr. Da
machte der Volkstribun Oppius 215 den Gesetzesvorschlag, wonach
den römischen Frauen untersagt wurde, über eine halbe Unze Gold
in ihrem Schmucke zu führen, bunte Kleider zu tragen und sich in
der Stadt und ihrer nächsten Umgebung der Wagen zu bedienen,
außer wenn sie einem öffentlichen Opfer meilenweit von Rom bei¬
wohnen wollten. Ungern fügten sich die Frauen der harten Not¬
wendigkeit. Bald nach Beendigung des Krieges (195) trug der
Volkstribun Valerius auf Abschaffung dieses Gesetzes an; zwei
andere Tribunen dagegen erklärten, sie würden dasselbe aufrecht er¬
halten. Als der Antrag in der Volksversammlung verhandelt werden
sollte, drängten sich auch die Frauen heran, besetzten die Zugänge
zum Forum und redeten die Männer cm, sie möchten doch Gerechtig¬
keit üben und ihnen den Schmuck und die Vorrechte wieder ein¬
räumen, welche sie vormals besessen hätten; es sei Unrecht, daß die
Frauen der römischen Bundesgenossen jeden Putz anlegen dürften,
während sie ihn entbehren müßten. Die Zahl der Frauen mehrte
sich von Stunde zu Stunde. Sie scheuten sich nicht allein, die Magi¬
stratspersonen mit ihren Bitten und Wehklagen zu behelligen, sondern
hielten auch den Konsul auf seinem Gange zur Kurie auf, belagerten
förmlich die Thüren derjenigen Tribunen, welche gegen die Aufhebung
des Gesetzes waren, und zogen sich nicht eher zurück, als bis die¬
selben ihren Widerspruch aufzugeben gelobten. Der Konsul des Jahres
195, der strenge, ernste Cato, hielt darauf in der Versammlung eine
höchst eindringliche Rede, tadelte das Benehmen der Frauen als eine
gefährliche Umkehrung der alten Zucht und Ordnung, als eine straf¬
bare Auflehnung gegen die Gesetze und Obrigkeiten des Staates und
als einen deutlichen Beweis, wie die Männer die Obergewalt über
die Frauen eingebüßt hätten. Allein es gelang ihm nicht, das Oppische
Gesetz ausrecht zu erhalten; es wurde für immer abgeschafft.
Die Geschichte erzählt noch von einer zweiten Erhebung
der Frauen, welche sie nicht minder glücklich zu Ende führten. Um