Full text: Landeskunde des deutschen Reiches

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ausgeschweift und mit Verzieruugeu aus Steiu oder Holz freundlich 
bedeckt! Da erhebt es sich uoch das alte, würdige Rathaus mit 
seinem Laubengange, seiner Freitreppe und seinem Erker, der die 
Stadtnhr trägt. Da ragen die Thore und Türme noch über die 
Stadtmauer auf, hinter der einst wackere Bürger ihre Freiheit 
schützten, ihre Gewerbe trieben und ihre Künste pflegten. Daß ein 
tüchtiger Schaffeusgeist und ein weitblickender Sinn den schwäbischen 
Bürgersmanu ziert, mag uns außer Heilbronn noch die Stadt 
Reutlingen (füdöstl. vou Tübingen) zeigen, die ihrem berühmtesten 
Sohne, dem Volkswirte Friedrich List, ein Denkmal zum Andenken 
daran gesetzt hat, daß derselbe nunmehr schon vor einem halben 
Jahrhuuderte die Einigung Deutschlands zu einem großen Zoll-, 
Handels- und Postgebiete dnrch Wort und Schrift und unter Auf- 
opferuug seines Vermögens und seiner Gesuudheit beharrlich und 
begeistert vertreten hat. Wollen wir aber ein dichterisches Gesamt- 
bild der hohen Entwickeluug des württembergischen Landes haben, 
so werden wir dieses in dem „Spaziergang" von Schiller finden, 
dessen inneren Augen sich auf dem Wege von Stuttgart uach Ho- 
heuheim hin nicht bloß die herrliche Natur und bürgerliche 
Bildung seines Vaterlandes, sondern mit der letzteren 
zugleich diejenige der Menschheit erschloß. Zusammensassnng. 
4. Wird die Kunst besonders in den Kirchen der genannten 
Städte, so wird die Wissenschaft durch die Hochschule der Stadt 
Tübingen vertreten. In engen, unebenen Straßen erheben sich 
die einfachen, hohen Häuser der Stadt. Eine feste Steinbrücke 
führt von User zu Ufer. Hohe Berge türmen sich im Hintergründe 
auf, und Rebenhöhen liegen am Fuße des Schlosses. Dieses steigt 
mit seinen langgestreckten und hohen Gebäuden über die Stadt als 
„Hohentübiugen" ans, wird von starken Türmen flankiert und am 
Garten mit einer steinernen Mauer umschlossen. Hier gründete der 
Herzog Eberhard im Barte 1477 eine Universität (Eberharda- 
Carolina), die nach seinem Willen und Worte „ein Brunnen des 
Lebens werden sollte, daraus vou alleu Eudeu der Welt unver- 
sieglich geschöpft werden möge tröstliche und heilsame Wahrheit". 
Und wie Heilbrouu das Wasser seiuer Quelleu in sieben Röhren, 
so faßte Tübingen die Lehren der Wahrheit in sieben Zweigen des 
Wissens (oder Fakultäten). Denn während die dentfchen Univer- 
sitäten sonst nur Lehrstühle für Gottesgelehrtheit und Weltweisheit, 
für das Recht und die Heilkunde errichteten, kam in Tübingen zu
	        
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