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träge Arbeit eines Gletschers abgetragen. Oft stürzen sie in ge-
waltiger Wncht mehr flng- und sprunghaft herab. Gern löst sich
in deu wärmeren Tagen des Frühlings der frischgefallene Schnee
von seinem harten Lager los und stiebt und stänbt in wilder Flncht
oon deu Bergeu. Auch die alten, festeren Schneemassen verlieren
in lauen Tagen nicht selten ihren Halt am Bergesgrunde, schieben
sich und rutschen die steilen Gehänge herab, überstürzen sich ans
der schuellen Fahrt, rollen kalkige Blöcke mit nach der Tiefe,
knicken die Tannen, begraben die Hütten, fegen in unwiderstehlichem
Lnftznge alles Leben vor sich her und stürzen sich mit ihrem Ranbe
als ein schmutzig grauer Haufen in das erschrockene Thal. Das
sind die Lawinen (Lauinen), die als Staub- oder Grundlawinen
mit ihrem Donner die Bewohner der deutschen Alpen schrecken.
Was will ihre Donnerstimme uns verkünden?
Auch die Wasser stürzen in den Alpen donnernd durch die
Thäler. Vou deu Bergeu tosen die Quellen schäumend herab. In
den seitlichen Thälern sammeln sie sich zu wilden Bächen. Im
Hauptthale vereinen sie sich zum starken Schwall, der im Wasser-
falle kühn über die Stufen seines Bettes springt, die bemoosten
Felsenköpfe und Blöcke umschäumt, das Geröll abgeschliffener Steine
an seine Ufer schwemmt, im Sommer mächtig anschwillt und erst
im Winter gebändigt wird, wenn die Eisdecke über die grüne Flut
eine Brücke schlägt. Was will das Schäumen und Rauschen der
Alpenflüsse uns erzählen?
Ruhe findet ein solcher Alpenfluß erst dann, wenn er sich in
einen Alpensee ergießt. Der wird für ihn zugleich eiu Becken,
in dem er feine schmutzigen Wasser durch Niederschlag der Erden
und der Steine läutert. Wie glänzende Augen liegen diese Seen
grün nnd blau in den deutschen Bergen. Am weitesten dehnt sich
der Bodensee im W. der Alganer Alpen mit seinen beiden
langgestreckten Armen aus. Er bildet im Alpeuvorlande ein Becken,
dessen Fläche 540 qkm mißt, des Uferrand in 30 Stunden um-
wandert wird, und das bis 275 m in die Tiefe steigt. Eine milde
und erquickende Luft streicht über seinen Spiegel, duftige Gras-
gehäuge umsäumen die bergigen Ufer, Obsthaine tragen köstliche
Früchte, und die Rebe steigt traubenschwer bis zu eiuer Meeres¬
höhe (450 m) auf, wie fönst nirgends im Reiche. In den Fluten
spiegeln sich Schlösser, Villen und verkehrsreiche Orte, die Lachs-
forelle tummelt sich im blauen Wasserbade, auf deu Wellen