Die Bevölkerung. 59
An Romanen umschloß unser Vaterland bis 1870 außer einigen französi-
schen Kolonien sin Berlin, Magdeburg, Halle ic.) nur eine Anzahl Wallonen
(10000) im Westen des Regierungsbezirks Äachen (Malmedy und Umgegend); seit-
dem ist durch die Einverleibung von Elsaß-Lothringen die Gesamtheit der Romanen
auf etwa 250000 gewachsen. Von der schweizerischen Grenze bis zum Reisberge im
Wasgenwalde entspricht die Landesgrenze fast genau der Sprachgrenze: weiter nörd-
lich finden sich im Wasgenwalde nur einzelne kleine französische Distrikte. Während
so das Elsaß also fast ganz dem deutschen Elemente anheimfällt, läuft in Lothringen
die Grenzlinie zwischen dem deutschen und französischen Elemente von Bixingen
über Dieuze nach Dudenhofen, so daß namentlich die Stadt und der Landkreis Metz
und der größte Teil des Kreises Chateau-Salins dem französischen Sprachgebiete
anheimfallen. In neuerer Zeit gestalten sich durch starke Einwanderung von Reichs-
deutschen und ebenso bedeutende Auswanderung von Franzosen in Metz selbst die
Verhältnisse wesentlich günstiger, weniger ist das auf dem Lande der Fall.
Vorhanden sind gegenwärtig etwa:
Polen und Kaffubeu. . . 2600000 Litauer 145000
Wenden 140000 Dänen 110000
Tschechen 50000 Franzosen und Wallonen 250000
Gesamtsumme der Nichtdeutschen .... 3295000
Deutsche 43560704
Summa der Gesamtbevölkerung (1885) 46 855 704.
§ 8. Die Religionsverhältnisse.
Die Religion der alten Germanen beruhte auf dem alten indischen
Göttersystem, das jedoch im Laufe der Zeit mannigfach getrübt und verschoben
worden war. An der Spitze aller Göttergestalten stand Wnotan (Wodan.
Odin), in welchem der ungebrochene, sieghafte, todverachtende Heldengeist per-
sonifiziert und zum höchsten Gegenstande der Verehrung und des ganzen sitt-
lichen Strebens gemacht war. Am Ende aller Dinge stand ein vergeltendes
Weltende. Um Wuotau scharten sich die Asen, die leuchtenden Herrscher der
Welt, die sie geschaffen und mit der sie wieder vergehen sollten; aber auch die
mannhaften Helden wurden ihm von den Walküren zugeführt, um seine Ge-
nossen in Walhalla zu werden. Neben den Asen aber walteten die Vanen,
die Gottheiten der Liebe, der Fruchtbarkeit und des Friedens, über der er-
schaffenen Erde, während sich die Thurseu (Riesen) als Vertreter der rohen
Urkräste der Herrschaft der Asen feindlich entgegenstellten.
Dieser altgermanische Glaube geriet unter der Berührung mit den Kultur-
Völkern der alten Welt, ebenso wie die deutsche Sitte, allmählich ins Wanken;
das Christentum führte eine Neubildung und Neugestaltuug des ganzen ger-
manischen Lebens herbei. Anfangs zum Teil höchst hartnäckig bekämpft und
verhältnismäßig spät, namentlich durch britische Sendlings, und znletzt durch
das Schwert Karls des Großen verbreitet, wurde die christliche Religion von
dem deutschen Volke mit großer Wärme erfaßt, so daß gerade auf deutschem
Boden später auch die Rückkehr zu der ursprünglichen Lehre Christi und seiner
Apostel errungen wurde. Die Reformatio» bewirkte eine religiöse Spaltung
im deutschen Volke, indem im Süden unsres Vaterlandes der Katholizismus
teils die Herrschaft behielt, teils später wiedergewann, während der größere
nördliche Teil das evangelische Bekenntnis annahm und bewahrte. Noch jetzt
ergeben sich die Folgen des früher geltenden Grundsatzes „cujus regio, ejus
religio" in vielen Teilen des Reiches dadurch, daß sich iumitteu eines im