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ausgefordert, und die Bardowiker sollten chn fühlen. Mit
Heeresmacht zog er vor die widerspenstige Stadt. Aber diese
war mit reichen Vorräten versehen und mit starken Mauern
umgeben. Das Glück war dem Herzog günstig. Der Zufall
fügte es, daß ein Bulle über die Jlmenauwiesen lief. Von
den Soldaten verfolgt, sprang das geängstigte Tier in den
Fluß und gelangte watend unversehrt in die Stadt. Noch
heute heißt diese Stelle die „falsche Furt". Die Krieger
folgten der Fährte durch das seichte Wasser und drangen in
das ungenügend verteidigte Südthor. Bald durchtobten das
Siegsgeschrei der mordenden und plündernden Soldaten und
die Jammerrufe der angsterfüllten Bardowiker die Straßen.
Blutigrot loderten die Flammen aus den brennenden Häusern
zum Himmel empor So sank das stolze Bardowik in Asche.
Nur der Dom blieb stehen; aber er war so beschädigt, daß
er bald umgebaut werden mußte. Zum Hohn und zur War-
nung ließ Heinrich den vorerwähnten Löwen schnitzen.
Heinrich der Löwe blieb im Bentz seiner Erblande
Braunschweig-Lüneburg. Mit den Hohenstaufen ausgesöhnt,
starb er 1195 zu Braunschweig.
4. Ernst der Bekenner.
Leopold von Ranke sagt in seiner Geschichte der Hohen-
stausen: „Was wäre wohl aus dem Mittelalter geworden,
wenn die beiden Dinge gefehlt hätten, die Voltaire bespöttelt
— das Ritterwesen und die Religion?" — Das Ritterwesen
gab jener Zeit die hehre Romantik, die uns noch heute be-
zaubert. Aber leider verloren die Beschützer des Rechts, die
Vorkämpfer der Mission und Bahnbrecher der Kultur den
hohen Sinn. Aus den Rittern wurden Raubritter, die
Rauben und Morden für keine Schande erachteten. Gefürchtete
Raubburgen waren Dannenberg, Hudemühlen, Ahlden und
Gifhorn. Zahlreiche Sagen von untergegangenen Raub-
fchlöffern und bestraften Rittern beweisen, wie lebendig sich
das Andenken an die Zeit des Faustrechts im Volksbewußt-
sein erhalten hat. — Und die Religion? Sie entartete wie