Klunzinger: Im Fastenmonat Ramadan.
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Im Fastenmonat Ramadan.
C. B. Klunzinger.
Es naht der Fastenmonat, der heilige Ramadan. Bon der Vesper-
zeit des Vorabends des ersten dieses Monats an ist die Bevölkerung in
Spannung und Bewegung. Viele Gruppen bilden sich auf freien Plätzen
und schauen gegen den abendlichen Horizont, um den neuen Mond zu
suchen. Denn nur auf Zeugnis eines Moslems hin. und wäre er der
geringsten einer, daß er den Mond gesehen, darf das Fest beginnen.
Sobald man zur Gewißheit gekommen zu sein glaubt, daß der neue
Moud erschienen, kündigt in den Städten, wo es Kanonen giebt, ein ge-
waltiger Schuß der Bevölkerung den Beginn der Fastenzeit an, und von
diesem Moment an ist der Moslem ein gänzlich veränderter Mensch ge-
worden. Er führt von nun an eine mehr nächtliche Lebensweise. Am
Morgen des Fastentages sieht man. wie in den großen Städten Europas,
nur wenige, den untersten Klassen angehörige Menschen, Lastträger,
Wasserträger, Taglöhner, Esel- und Kameltreiber, ihrem Erwerb nachgehen;
die von Fasten dispensierten Kinder und Ungläubigen beherrschen die
Straßen; die Märkte und Cafes siud verödet, die Buden und Amtsstuben
sind geschlossen. Nach und nach erhebt sich der eine und der andere und
schleicht mit schlaftrunkenen Augen wie siech dahin; die Läden beginnen
sich zu öffnen.
Man macht die dringendsten Einkäufe der Lebensmittel, der Handel
will sich nicht beleben, und wenn man sich Waren besehen will, so legt der
Kaufmann den Koran, den er mit wiegendem Kopf laut vor sich her ge-
leiert, mürrisch weg und würdigt den Käufer kaum eines Blickes.
Am Vormittag hatte sich mehr die um ihren Nachtschlaf verkürzte
Natur geltend gemacht, von Mittag an fordern auch der Huuger und
der Durst ihre Befriedigung. Kein Bißchen, kein Schlückchen, kein
Düftchen darf in den fastengepanzerten Körper eindringen. Das ansge-
suchteste Leckermahl wäre nicht imstande, einen fastenden Moslem zu
verführen. Wenn er an einem rauchenden Ungläubigen vorbeikommt, hält
er sich wohl Nase und Mund zu, und noch vor wenigen Jahren wäre
es einem solchen übel gegangen, hätte er vor einem fastenden Gläubigen
zu rauchen gewagt. Liegt er nicht sehr krank danieder, und dann ist
er vom Fasten befreit, so nimmt der Moslem keine Arzenei während des
Tages, ja er weigert sich, Angentropsen in seine wunden Augen träufeln
zu lassen, und von einer regelrechten Behandlung während dieses Monats
steht der Arzt von vornherein ab. Auch die Einsalbuug des Kopfes.
Aus allen Erdteilen. Ig