Gilders: Schicksal De Longs und seiner Gefährten. 319
hinter ihm wieder versank Mr. Collins bis über die Hüften. Eine
schlimme Bescherung! In dem Augenblicke, als wir aus dem Wasser
stiegen, waren wir auch schon mit einer Eiskruste überzogen uud vou der
Gefahr des Erfrierens bedroht. Wir hinkten jedoch weiter, bis wir um
3 Uhr 45 Minuten bei der Stelle ankamen, wo die Hütte liegen mußte.
Nindermann erstieg den hohen Uferrand, der Doktor solgte. Zuerst riefen
sie: „Alles richtig, kommt herauf!" Kaum aber waren wir oben ange-
langt, als Nindermann schrie: „Keine Hütte hier!" Zu meinem größten
Schrecken und Entsetzen sah ich nichts als einen großen Erdhügel, der,
nach seiner regelmäßigen Gestalt und weithin sichtbaren Lage zu schließen,
wohl künstlich aufgeschüttet und zu einer Bake (Merk- oder Warnnngs-
zeichen) bestimmt gewesen war. Nindermann glaubte so sicher eine Hütte
vor sich zu sehen, daß er, nach der Thür suchend, rings herum ging und
endlich hinaufstieg, um ein Loch im Dache zu entdecken. Er fand keines
von beiden; es war nichts als ein Erdhaufen. Mit schwerem Herzen gab
ich Befehl, das Lager in einer Höhle an der Uferwand aufzuschlagen,
und bald saßen wir an einem prasselnden Feuer, trockneten und seng-
ten unsere Kleider, während der kalte, schneidende Wind uns in den
Rücken blies.
Uns blieb zum Abendessen nichts anderes mehr, als der Hund. Ich
befahl Jverson, ihn zu schlachten und zurechtzumachen; dann wurden die
Teile, die sich nicht gnt mitnehmen ließen, zu einem Gerichte geschmort,
von dem alle, außer dem Doktor und mir, begierig aßen. Für uns beide
war es ein ekelhaftes Mahl und — aber warum noch länger bei einem
so unangenehmen Gegenstands verweilen? Ich ließ das übrige wiegen
und bin sicher, daß wir im ganzen 27 Pfund hatten. Das Tier war
fett und, da es mit Pemmikan gefüttert worden war, auch vermutlich rem.
Gleich nachdem wir Halt gemacht, hatte ich Alexia mit feiner Flinte land-
einwärts geschickt, um festzustellen, ob die Hütte dort auch nur eine Fabel
wäre, wie unsere jetzige. Er kam bei Dunkelwerden zurück, vollständig
sicher, daß es eine große Hütte war, da er selber hineingegangen und
einige Stückchen Renntierfleisch und Knochen darin gefunden hatte. Einen
Augenblick laug war ich versucht, sogleich mit allen Leuten dahin aufzu-
brechen, aber Alexia war nicht gewiß, ob er die Hütte im Dunkeln wieder-
sinden werde — verirrten wir uns aber, so waren wir noch weit schlim-
mer daran als zuvor. So richteten wir uns denn hier, so gut es eben
gehen wollte, für die Nacht ein. Wir drei Durchnäßten dampften und
brannten vor dem Feuer. Collins und Görtz hatten etwas Alkohol ge-
trunken, ich konnte ihn aber nicht hinunterbringen. Bei dem kalten
Wetter und dem rauhen Nordweftwind, vor dem es für uns keinen Schutz
und kein Entrinnen gab, erschien mir unsere Zukunft wie eine finstere,
traurige Nacht. Ericksen fing bald an zu phantasieren, und seine irren