Object: Von den Uranfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Abteilung 1, [Schülerband])

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glänzende Taten erzwingt er sogar Alfonsos Achtung; sein Ruhm dringt bis 
nach Persien; der Sultan sendet ihm herrliche Geschenke. Aber Lid kennt 
keinen Stolz und bleibt bei seinen schlichten Sitten. Er beschickt sein Haus 
und stirbt als ein frommer Mann. 
1. 
Traurend lief saß Don Diego, 
Wohl war keiner je so traurig; 
Gramvoll dacht' er Tag' und Nächte 
Nur an seines Hauses Schmach, 
An die Schmach des edlen alten 
Tapfern Hauses der von Lainez, 
Das die Jnigos an Ruhme, 
Die Abarcos übertraf. 
Tief gekränket, schwach vor Alter, 
Fühlt' er nahe sich dem Grabe, 
Da indes sein Feind Don Eormaz 
Ohne Gegner triumphiert. 
Sonder Schlaf und sonder Speise 
Schlaget er die Augen nieder, 
Tritt nicht über seine Schwelle, 
Spricht mit seinen Freunden nicht, 
Höret nicht der Freunde Zuspruch, 
Wenn sie kommen, ihn zu trösten; 
Denn der Atem des Entehrten, 
Glaubt er, schände seinen Freund. 
Endlich schüttelt er die Bürde 
Los des grausam-stummen Grames, 
Lässet kommen seine Söhne, 
Aber spricht zu ihnen nicht; 
Bindet ihrer aller Hände 
Ernst und fest mit starken Banden; 
Alle, Tränen in den Augen, 
Flehen um Barmherzigkeit. 
Fast schon ist er ohne Hoffnung, 
Als der jüngste seiner Söhne, 
Don Rodrigo, seinem Mute 
Freud' und Hoffnung wiedergab. 
Mit entflammten Tigeraugen 
Tritt er von dem Vater rückwärts; 
„Vater," spricht er, „Ihr vergesset, 
Wer Ihr seid, und wer ich bin. 
Hätt' ich nicht aus Euern Händen 
Meine Waffenwehr empfangen, 
Ahndet' ich mit einem Dolche 
Die mir jetzt gebotne Schmach." 
Strömend flössen Freudentränen 
Auf die väterlichen Wangen, 
„Du," sprach er, den Sohn um¬ 
armend, 
„Du, Rodrigo, bist mein Sohn. 
Ruhe gibt dein Zorn mir wieder; 
Meine Schmerzen heilt dein Unmut! 
Gegen mich nicht, deinen Vater, 
Gegen unsers Hauses Feind 
Hebe sich dein Arm!"—„Wo ist er ?" 
Rief Rodrigo, „wer entehret 
Unser Haus?" Er ließ dem Vater 
Kaum, es zu erzählen, Zeit. 
3. 
Auf dem Platze des Palastes 
Traf Rodrigo auf Don Eormaz. 
Einzeln, niemand war zugegen, 
Redet er den Grafen an: 
„Kanntet Ihr, o edler Eormaz, 
Mich, den Sohn des Don Diego, 
Als Zhr Eure Hand ausstrecktet 
Auf sein ehrenwert Gesicht? 
Wußtet Ihr, daß Don Diego 
Ab von Laynn Calvo stamme? 
Daß nichts reiner und nichts edler 
Als sein Blut ist und sein Schild? 
Wußtet Ihr, daß, weil ich lebe, 
Ich sein Sohn, kein Mensch auf 
Erden, 
Kaum der mächt'ge Herr des Himmels 
Dies ihm täte ungestraft?" —
	        
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