Full text: Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee (Bd. 11)

172 Die Mulde und ihre Räuder. 
Heutzutage ist Waren, zwischen der Müritz und ihrer nördlichen Bucht, 
dem Tiefwaren, auf einer erhöhten schmalen Landenge belegen, der bedeutendste 
Ort des Eldegebietes. Ihre Bedeutung für den südöstlichen Teil des Groß- 
Herzogtums beruht hauptsächlich auf dem Handel, der durch die Schiffbarmachuug 
der Elde dort emporgeblüht ist. Zahlreiche neue und geschmackvolle Bauten 
bezeugen den vermehrten Wohlstand, besonders ausgezeichnete öffentliche Ge- 
bäude aber befitzt sie nicht. Der Fischfang in den Gewässern Warens ist sehr 
bedeutend, und es besteht die für die Einwohner sehr günstige Bestimmung, 
wonach die Fischereipächter verpflichtet sind, zuerst die Stadt mit Fischen zu 
versorgen, bevor sie dieselben auf den fremden Markt bringen. Für größere 
Fische besteht der Preis von 20 Pfennig für das halbe Kilogramm, Mittel- 
fische kosten 7 Pfennig, kleine 3 Pfennig. Hierdurch wie durch die Wohl- 
feilheit des Brennmaterials ist den ärmeren Leuten der Unterhalt in Waren 
sehr erleichtert. Das städtische Gebiet ist mit Einschluß der Wasserflächen das 
umfänglichste nächst dem der Stadt Rostock, denn es enthält 98 qkm Wasser 
und 70 qkm Land, wovon 67 Prozent unkultivierter Acker ist. Waren hat auf 
seinen Stadtgütern keine Bauern, sondern nur größere Zeitpachthöfe, daher 
verhältnismäßig das größte Einkommen aller mecklenburgischen Kommunen. 
Die Kommunalsteuern sind hier äußerst geringfügig. Zwischen Waren und 
Malchow im Norden der Seen, zwischen den Dörfern Zabel und Nossentin, 
fand am 1. November 1806 ein heftiges Gefecht zwischen der Nachhut des 
Blücherschen Korps unter Aork und den Franzosen statt, durch welches die 
Preußen sich einigen Vorspruug erstritten. Der geniale Plan Blüchers, die 
Hauptmasse des französischen Heeres von Berlin abzulenken, welcher Plan mit 
sich brachte, daß er seinen Weg durch Mecklenburg nahm, fand natürlich bei 
den Mecklenburgern keine Billigung, und Blücher mußte beim Betreten des 
mecklenburgischen Bodens den Bitten und Beschwörungen seiner ihm begegnenden 
Vettern und Verwandten, daß er umkehren und nicht die Kriegsfurie über sein 
Heimatland und seine Verwandten bringen möchte, die ganze Festigkeit seines 
tapferen Herzens entgegensetzen. Zum Glück für Mecklenburg versuchte er nicht, 
sich in irgend einem Orte dieses Landes zu halten und wies er die Anerbie- 
tungen beider Seestädte, ihm behilflich zu sein, um über See zu entkommen, 
zurück; es hätte sonst wahrscheinlich eine mecklenburgische Stadt das Morden 
und die Plünderung erlitten, die über das arme Lübeck verhängt wurden, nach- 
dem die Bernadottesche Löffelgarde das Knieperthor forciert hatte. Den Namen 
der Löffelgarde gab der mecklenburgische Volkswitz der Beruadottescheu Jnsan- 
terie, weil sie ihre Löffel an ihren Tschakos trugen. Nach der Blücherschen Kapitula- 
tion kamen die Löffelgardisten, die in Lübeck mehr als 1000 Einwohner jeden Alters 
und Geschlechts niedergemacht hatten, mit Strumpfschächten voll des geraubten 
Silbergeldes in Mecklenburg zu den Kaufleuten, um es in Gold umzuwechseln. 
Das Guellcngebiet der Warnow. Dies 41 km lange, fast bis an den 
Schweriner See reichende Stück der Mulde umfaßt etwa 900—1012 qkm. 
Seinen nördlichen Rand bezeichnen die Höhen von Rothfpalk zwischen Teterow 
und Serrahn, etwa 112 in hoch, und Zehna, zwischen Güstrow und Dobbertin, 
etwa 100 in hoch; den südlichen Rand die bis 86 in ansteigenden Höhen von 
Lübz bis zum Südende des Schweriner Sees. — Auch in diesem Bezirk sind
	        
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