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Königsberg, löschen müssen. Immerhin stand es vor Einführung der Eisen-
bahnen als Handelsstadt weit hinter Danzig und selbst hinter Memel zurück.
Das änderte sich bedeutend schon, als die preußische Ostbahn es teils mit
Deutschland, teils mit Rußland in östlicher Richtung auf dem nächsten Wege
verband. Fast noch mehr kam ihm der Bau der ostpreußischeu Südbahn zu
gute, welche bei den Städten Preußisch-Eylau, Bartenstein. Lötzen, Lyck vorbei
die Landschaften Natangen, Barten, Masuren durchschneidet, bei der Station
Grajewo die polnisch-russische Grenze überschreitet und tief in diese reiche Ge-
treidekammer bei Bialystock vorbei bis Bresk-Litewsk eindringt. Gleichzeitig
wurde diese Bahn von Königsberg aus mit Pillau durch einen an der Süd-
küste der Halbinsel Samland, mit Vermeidung der Krümmungen längs der
Einbuchtungen des Haffs verlaufenden Zweig in Verbindung gesetzt, was von
um so größerer Wichtigkeit war, da das Zufrieren des Haffs oft der Verbindung
Königsbergs mit seinem Hafen auf dem Wasserwege Hindernisse in den Weg
legt. Auch die andern die Provinz in verschiedenen Richtungen durchziehenden
Bahnen, wie die von Thorn quer durch Masuren in nordöstlicher Richtung
laufende, bei der Station Prostken die Südbahn durchschneidende Bahn, sowie
die von Jnsterbnrg (an der Ostbahn) einerseits nach Süden bis Lyck, anderseits
nach Norden über Tilsit nach Memel geführten Bahnen tragen, da einmal nach
Königsberg als Zentralpunkt naturgemäß der Verkehr vorzugsweise gravitiert,
dazu bei, seine Bedeutung als Handelsstadt zu erhöhen. So hat denn in den
letzten Jahren sein Handel äußerst zugenommen und macht selbst Danzig eine
gefährliche Konkurrenz, wenn auch seine überseeischen Verbindungen wohl noch
nicht so zahlreich und ausgedehnt sind als in dem in dieser Beziehung seit alter
Zeit so bedeutenden Danzig. Von dem gewaltigen Aufschwung des Geschäfts,
das infolge dieser günstigen Verkehrsmittel hier sich aufgethan, geben die höchst
ausgedehnten Bahnhofsanlagen für den Güterverkehr, teils um den Bahnhof
der Ostbahn, teils auf dem Kaibahnhof am Pregel, eine anschauliche Vorstellung.
Haupthandelsartikel sind außer Getreide: Flachs, Hanf, Branntwein. Auch den
Handel mit Thee haben Königsberger Firmen vorzugsweise an sich zu ziehen
gewußt, so daß selbst der Westen Rußlands vorzugsweise auf diesem Umwege
seinen Bedarf an Thee bezieht.
Werfen wir noch einen Blick aus Pillau, den Hafen von Königsberg. Das
saubere, zierliche Schifferstädtchen mit seinem schlanken, 33 in hohen Leuchtturm
gewährt, sei es, daß man seine Straßen durchwandelt, sei es, daß man es auf
der Dampfbootfahrt vom Schiffe oder von dem jenseitigen Haffufer etwa von
Balga aus betrachtet, einen höchst freundlichen Anblick, wie anderseits die Aus-
ficht von seinem Leuchtturm aus eine herrliche Umschau gewährt. Die Einfahrt
in das Haff wird durch eine Festung geschützt, die, wenn auch an sich nicht be-
sonders stark, doch wegen ihrer Lage zu verschiedenen Zeiten der preußischen
Geschichte eine nicht ganz unbedeutende Rolle gespielt hat. Aus älterer Zeit
verdient hervorgehoben zu werden, daß die bemerkenswerten Bestrebungen des
Großen Kurfürsten, Preußen auch eine Seemacht und Kolonialbesitz zu ver-
schaffen, sich auf den Pillauer Hafen stützten. Hier lag seine kleine Kriegsflotte,
welche die brandenburgische Flagge ehrenvoll über das Meer trug, wo sie an
der Goldküste von Guinea unter Führung des Majors Friedrich von der Gröben
über dem dort gegründeten Fort Friedrichsburg ausgehißt wurde. Nach dem