Full text: Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee (Bd. 11)

47 4 Königsberg. 
Königsberg, löschen müssen. Immerhin stand es vor Einführung der Eisen- 
bahnen als Handelsstadt weit hinter Danzig und selbst hinter Memel zurück. 
Das änderte sich bedeutend schon, als die preußische Ostbahn es teils mit 
Deutschland, teils mit Rußland in östlicher Richtung auf dem nächsten Wege 
verband. Fast noch mehr kam ihm der Bau der ostpreußischeu Südbahn zu 
gute, welche bei den Städten Preußisch-Eylau, Bartenstein. Lötzen, Lyck vorbei 
die Landschaften Natangen, Barten, Masuren durchschneidet, bei der Station 
Grajewo die polnisch-russische Grenze überschreitet und tief in diese reiche Ge- 
treidekammer bei Bialystock vorbei bis Bresk-Litewsk eindringt. Gleichzeitig 
wurde diese Bahn von Königsberg aus mit Pillau durch einen an der Süd- 
küste der Halbinsel Samland, mit Vermeidung der Krümmungen längs der 
Einbuchtungen des Haffs verlaufenden Zweig in Verbindung gesetzt, was von 
um so größerer Wichtigkeit war, da das Zufrieren des Haffs oft der Verbindung 
Königsbergs mit seinem Hafen auf dem Wasserwege Hindernisse in den Weg 
legt. Auch die andern die Provinz in verschiedenen Richtungen durchziehenden 
Bahnen, wie die von Thorn quer durch Masuren in nordöstlicher Richtung 
laufende, bei der Station Prostken die Südbahn durchschneidende Bahn, sowie 
die von Jnsterbnrg (an der Ostbahn) einerseits nach Süden bis Lyck, anderseits 
nach Norden über Tilsit nach Memel geführten Bahnen tragen, da einmal nach 
Königsberg als Zentralpunkt naturgemäß der Verkehr vorzugsweise gravitiert, 
dazu bei, seine Bedeutung als Handelsstadt zu erhöhen. So hat denn in den 
letzten Jahren sein Handel äußerst zugenommen und macht selbst Danzig eine 
gefährliche Konkurrenz, wenn auch seine überseeischen Verbindungen wohl noch 
nicht so zahlreich und ausgedehnt sind als in dem in dieser Beziehung seit alter 
Zeit so bedeutenden Danzig. Von dem gewaltigen Aufschwung des Geschäfts, 
das infolge dieser günstigen Verkehrsmittel hier sich aufgethan, geben die höchst 
ausgedehnten Bahnhofsanlagen für den Güterverkehr, teils um den Bahnhof 
der Ostbahn, teils auf dem Kaibahnhof am Pregel, eine anschauliche Vorstellung. 
Haupthandelsartikel sind außer Getreide: Flachs, Hanf, Branntwein. Auch den 
Handel mit Thee haben Königsberger Firmen vorzugsweise an sich zu ziehen 
gewußt, so daß selbst der Westen Rußlands vorzugsweise auf diesem Umwege 
seinen Bedarf an Thee bezieht. 
Werfen wir noch einen Blick aus Pillau, den Hafen von Königsberg. Das 
saubere, zierliche Schifferstädtchen mit seinem schlanken, 33 in hohen Leuchtturm 
gewährt, sei es, daß man seine Straßen durchwandelt, sei es, daß man es auf 
der Dampfbootfahrt vom Schiffe oder von dem jenseitigen Haffufer etwa von 
Balga aus betrachtet, einen höchst freundlichen Anblick, wie anderseits die Aus- 
ficht von seinem Leuchtturm aus eine herrliche Umschau gewährt. Die Einfahrt 
in das Haff wird durch eine Festung geschützt, die, wenn auch an sich nicht be- 
sonders stark, doch wegen ihrer Lage zu verschiedenen Zeiten der preußischen 
Geschichte eine nicht ganz unbedeutende Rolle gespielt hat. Aus älterer Zeit 
verdient hervorgehoben zu werden, daß die bemerkenswerten Bestrebungen des 
Großen Kurfürsten, Preußen auch eine Seemacht und Kolonialbesitz zu ver- 
schaffen, sich auf den Pillauer Hafen stützten. Hier lag seine kleine Kriegsflotte, 
welche die brandenburgische Flagge ehrenvoll über das Meer trug, wo sie an 
der Goldküste von Guinea unter Führung des Majors Friedrich von der Gröben 
über dem dort gegründeten Fort Friedrichsburg ausgehißt wurde. Nach dem
	        
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