116 Elsasser Geschichtsbilder.
Karl VII. von Frankreich mit der Bitte, ihm zu diesem Zwecke einige tausend
Mann seiner Kriegsvölker zur Bekämpfung der Schweizer zu überlassen.
Karl VII. aber legte die Aufforderung aus seine Art aus. Er sandte ein
Heer von 40,000 Armagnacs unter dem Dauphin, welcher den erstaunten
Elsassern ankündigte, daß er ihr Land durchziehen werde, um die Schweizer
für ihre freche Auflehnung gegeu die Obrigkeit zu strafen; gleichzeitig spielte
er auf die Rheiugreuze als „die natürliche, aber leider seit Jahren ent-
fremdete Grenze Frankreichs" an.
Da war Schrecken und Bestürzung im Elsaß; allgemein fürchtete man,
daß die Greuel des Armengeckenzuges sich erneuern würden. Die Bauern
zerstörten selbst ihre Feldfrüchte, damit die fremden Scharen keinen Unterhalt
finden sollten. Die Bürger wollten „schlagen und frei sein". Die Straß-
burger erklärten, „des fremden Volkes Uebelthat und böse Sacheu müßten
mit dem Schwerte gerichtet werden", und wandten sich um Hülfe an den
Kaiser, „damit sie nicht, wo Gott für sei, vom Reiche abgedrängt würden."
Ja, die Frauen sangen Kriegslieder und rüsteten sich an manchen Orten
zum Widerstände. Nur der österreichische Adel hielt es großeutheils mit
den Eindriugliugen und öffnete ihnen seine Burgen.
Unterdessen war der Danphin mit seinen Heerhaufen über Mömpelgard
und Belfort dnrch den Sundgau bis in die Nähe von Basel vorgedrungen.
Von dem Schlachtfelde an der Birs, wo eine kleine Schar Schweizer dem
wohlbewaffneten und gerüsteten Heere des Dauphins heldenmütigen Wider¬
stand entgegensetzte und endlich, auf dem Kirchhofe von St. Jakob von der
zehnfachen Uebermacht umzingelt, deu Tod im Kampfgewühl fand (26. August
1444), wandte der Dauphin seine Waffen wieder rückwärts nach dem eigent-
lichen Ziele seiner Kriegsfahrt, dem Elsaß. Monatelang trieben sich die
fremden Söldnerhaufen brandschatzend und ranbend in dem deutschen Lande
umher, bis endlich das Reich den Hülfsschrei hörte und auf dem Reichstage
zu Speyer (Oktober 1444) der Reichskrieg gegen die „Armen Gecken" be-
schlössen wurde. Da räumten sie unter den Verwünschungen der Bevölkerung
das verwüstete Land; aber das von den Welschen arglistig ausgestreute Gift,
das Mißtrauen zwischen Adel und Städten, zwischen Kaiser und Reichsständen,
wucherte fort und erleichterte den Franzosen ihre Erfolge für die Zukunft.
Veter von Hagmöach, ein MMcher GMr. Zu den merkwürdigsten Länder-
bildnngen während des Mittelalters gehört das noch in seinem letzten Zeit-
räum, während des englisch-französischen Krieges, aus deutschen und fran¬
zösischen Lehen und Erbländern unter einer Seitenlinie des französischen
Königshauses Valois gegründete nenburguudische Reich, welches unter der
Regierung des ritterlichen und gewaltthätigen Herzogs Karl des Kühnen
schnell zu hohem Glänze und Ansehen gelangte, von den Alpen bis zu den
friesischen Marschen sich erstreckte und dann, kurz vor dem Schlüsse des
Mittelalters, bei dem Tode des wildeu, heißblütige» Herzogs selbst zu-
sammenbrach. Das Streben dieses ehrgeizigen Fürsten ging darauf hinaus,
sein schöues Herzogthum zum Königreich zu erheben und ihm den Rhein
als Ostgrenze zu gewinnen. Für diesen Plan war es ihm sehr erwünscht.