Die Jakobiner von Straßburg. 165
Ordnung der Dinge hinüberzuführen, unter den Straßburgeru selbst auf
Widerstand stießen, und suchte daher seine Stütze uuter den zahlreichen
Einwanderern — Franzosen und Deutschen, welche sich in der Haupt-
stadt des Elsaß uiederließeu — jeue, um die Bürgerschaft im revolutionären
Sinne zu bearbeiten, diese, weil sie für die Freiheitsideen, denen sie hul-
digten, in ihrem Lande keinen Boden fanden. Unter den Letzteren befand
sich ein Mann, dessen Name in der Geschichte Straßbnrgs eine verhängniß-
volle Bedeutung erlangt hat. Eulogius Schneider (geb. 20. Okt. 1756),
der entlaufene Würzburger Franziskanermönch uud entlassene Bonner Pro-
fessor, glaubte hier in der ehemaligen freien Reichsstadt den geeigneten
Platz zu finden, um deu Traum von einer großen, alle Menschen als Brüder
umfassenden Republik, in der es keinen Unterschied der Nationen und
Stände geben sollte, der Verwirklichung näher zu führen.
Durch den Schutz des Maire Dietrich und des konstitutionellen Bischofs
Brendel erhielt Schneider die Stelle eines Generalvikars am Münster und
Lehrers in Straßburg. Hier gab er seiue Zeitschrift „Argus" heraus und
gründete nach französischem Muster einen Jakobinerklub, in welchem damals
noch deutsche und französische Jakobiner, derSchuhflicker Jung, Butenschön,
Cotta, sowie Monet, Teterel, Lavean n. A. neben einander saßen. Bald
wurde Schneider hier der heftigste Stürmer; der Maire Dietrich dänchte
ihm langsam und mattherzig und wurde vou ihm in seiner Zeitschrift als
ränkevoll und doppelzüngig verdächtigt. Eine Zuschrift des Maire au die
Natioualversammlnng zur Vertheidiguug des bereits im Temple gefangenen
unglücklichen Königs (August 1792) genügte, um deu Verdacht begründet
erscheinen zu lassen.
Friedrich von Dietrich, welcher das Meiste dazu gethan, um den revo-
lntionären Ideen des jungen Frankreich im Elsaß Eingang uud Verbreitung
zu schaffen und in dessen Salons der französische Jngenienrkapitän Ronget
de l'Jsle das Kriegslied der Revolution, die Marseillaise, in Musik ge-
setzt hatte, ward als „geheimer Aristokrat" vor das Revolutioustribnnal zn
Paris beschieden.
Das Rad war ins Rollen gekommen. Bald nach den Septembermorden
und der Erklärung der Republik (22. Sept. 1792) fanden sich zwei Volks-
Vertreter aus der gesetzgebenden Versammlung, Eouturier und Dentzel, in
Straßburg ein, um das revolutionäre Fener zn schüren. Von ihnen ward
der französische Jakobiner Monet zum Maire von Straßburg, der deutsche,
Schneider, zum öffentlichen Ankläger des Gerichtshofes ernannt. Nun be-
gauu die Schreckensherrschaft in Straßburg, die Reihe der Verhaftuugeu,
Verurteilungen und Verbannungen, durch welche alle Geguer der Republik
vernichtet werden sollten. Täglich ward die Guillotine iu den Straßen
nmhergesührt uud endlich ständig auf dem Paradeplatz aufgeschlagen. Zn
seiner Unterstützung rief Monet eine Anzahl brotloser „Patrioten" ans den
französischen Nachbarstädten herbei, um „das Departement des Niederrheins
auf die Höhe der revolutionären- Bewegung zu erheben". In ihren langen
blauen Röcken, mit rotheu Jakobinermützen, rasselnden Schleppsäbeln,