~302 Baden-Baden und Karlsruhe.
auch die West- und Südwestwinde dringen nicht direkt in das Thal ein. In-
folge dessen ist das Klima milder als im Rheinthal, und besonders der
Aufenthalt im Frühjahr und Spätjahr, im Mai und Oktober, in diesem wohl-
verwahrten Thale behaglich und angenehm, ja entzückend.
Die Abhänge der Berge und der Thalwände sind mit Tannenwäldern
bedeckt; zwischendurch entfaltet die Buche uud die Eiche ihre weiten Kronen,
und außerdem gewähren besonders im Thale Gruppen von Linden, Ulmen
nnd Platanen reiche Abwechselung; an den nach Süden zn schauenden Ab-
hängen breiten sich gegen die Mündung des Thales malerische Weinberge
aus. An Feldfrüchten und Wiesen fehlt es nicht, das Obst ist vorzüglich;
Mandelbäume und Maulbeerbäume kommen im Freien fort, und die Kastanie
steht der italienischen nicht nach. In dieses reizende Thal mit dem milden
schützenden Klima ist nun Baden gebettet.
Die Stadt liegt, amphitheatralisch sich ausbreitend, am AbHange des
Schloßberges, von dem die Trümmer der alteu Burg Baden aus dem
Tannenduukel herniederschauen.
Das alte Baden enthält enge, unregelmäßige Straßen, zieht sich am
Schloßberg hiu und bildete bis ins vorige Jahrhundert, wie so viele Städte
des Mittelalters, nur eine Art Vorburg des Schlosses. Sein Mittelpunkt
ist die Stiftskirche; um sie lag der Marktplatz mit deu Lauben und Bänken
der Gewerbsleute und nahe dabei die markgräfliche Feste, das jetzige neue
Schloß, durch Treppen und Schutzmauern mit den Ansiedelungen in Ver-
bindnng stehend. Die Wohnungen zogen sich von hier aus abwärts.dem
Thale zu uud waren da, wo die äußersten Gebäude den Thalgrund berührten,
mit Ringmauer uud Grabeu abgeschlossen.
Später kam dann die Neustadt hinzu, die sich malerisch mit ihren
Gasthöfen, Palästen, Kirchen, Villen im Thale und in den nächsten Thal-
abhängen hin ausbreitet. Die Quellen Badeus, ungefähr zwanzig an der Zahl,
treten am AbHange des Schloßberges gegen die jetzige Höllengasse hin,
hinter der Stiftskirche und neben dem jetzigen Friedrichsbade auf kleinem
Raum aus Gueis, Granit und Thonschieferspalten zu Tage. Es besteht
fein Zweifel, daß ihr Ursprung ein gemeinsamer ist, daß ihr Quellherd im
Granit, iu ungeheurer Tiefe (mindestens 1400 m) zu suchen ist.
Einzelne dieser Quellen, wie der Brühbrunnen und die Juden-, Hölleu-
und Ungemachquelle, sind in einem etwa 400 in langen Stollensystem, welches
sich hinter dem Friedrichsbad unter das neue Schloß verzweigt, für jenes
Zur Benutzung zusammengefaßt. Dieses Stollensystem liefert nach den
neuesten Messungen ungefähr 500,000 Liter in 24 Stunden, sämmtliche
-Quellen nach früheren Messungen ungefähr 800,000. Im Hanptstollen hat
das Wasser eine Temperatur vou 66,6° C. oder 53,3° E.
Nach der neuesten Analyse von Bimsen gehören diese Quellen zu den
alkalischen Kochsalzthermen, sie stimmen der Mehrzahl nach in ihrem Ge-
halte überein; die wichtigsten Bestandteile sind das Chlornatrium und der
schwefelsaure Kalk, der Gehalt au freier Kohlensäure ist wie bei allen
.echten Thermen gering; Stickstoff ist im freien Zustande nur iu Spuren