Gold- und Silberwaarenfabriken in Pforzheim. 341
ein geschlossenes Dorf und später ein städtisches Gemeinwesen, das schon im
13. Jahrhundert badisch wurde. Markgraf Rudolf nahm zuerst seinen
Aufenthalt hier, mit Baden abwechselnd; im Jahre 1300 wurde es bleibende
Residenz bis 1565, wo Markgraf Karl II. von Baden-Dnrlach die Residenz
nach Durlach verlegte, und von da siedelte sie 1720 nach Karlsruhe über.
Die Stadt wurde mit der ganzen Markgrafschaft Baden-Dnrlach 1560
protestantisch und deshalb im Dreißigjährigen Kriege schwer heimgesucht. In
diesen Krieg, 1622, fällt die Sage vou deu 400 Pforzheimern, die sich
für ihren Fürsten opferten. Markgraf Georg Friedrich stand mit 20,000 Mann
gegen die katholische Uebermacht unter Tilly bei Wimpfen. <^chon hatte sein
tapferes Heer deu Sieg in den Händen, als die Pulverwagen plötzlich in
die Luft flogen und das markgräfliche Heer in Verwirrung setzten. Da
hätten die 400 Pforzheimer ihn gedeckt und sich dem Fürsten geopfert. Die
Sage ist in dieser romantischen Form erst Mitte des achtzehnten Jahrhunderts
entstanden; die Kirchenbücher Pforzheims wissen nichts von solchen Verlusten in
der Stadt, und es ist aus früherer Zeit keiue Kunde von derartiger oder ähnlicher
Heldenthat überliefert; hingegen ist kein Zweifel, daß sich das weiße Regiment,
das Leibregiment des Markgrafen, welches sich vermnthlich auch in jener
Zeit schon aus Pforzheim und der Umgegend, überhaupt aus dem Amtsbezirk
Pforzheim rekrntirte, tapfer für seinen Markgrafen wehrte und ihm ohue
Zweifel nur unter sehr großen Verlusten das Leben rettete.
Ju der Kultur- und Literaturgeschichte hat sich Pforzheim einen bleibenden
Namen erworben als Geburtsort Reuchlin's, des wackern Kämpfers gegen
hierarchische Geistesbeschränkung und Unduldsamkeit in wissenschaftlichen Din-
gen; zugleich war er Hauptverbreiter der klassischen Studien in Deutschland,
schrieb die erste hebräische Grammatik und warder Lehrer Philipp Melanchthon's,
der, des großen Luther Freund, in dem nahen Bretten geboren war.
Pforzheim hat jetzt etwa 16,000 meist protestantische Einwohner.
An freundliche Berge angelehnt, erstreckte sich die Stadt hauptsächlich dem
linken Nagoldsnser entlang und war von drei Vorstädten umgeben; jetzt ist sie
mit denselben, namentlich mit der Brötzinger Vorstadt und dem Dorfe
Brötzingen, fast zusammengewachsen. Von der Altstadt liegt ein Theil auf dem
Schloßberge, in seiner Mitte die im gothischen Stil aufgeführte Schloßkirche;
sie ist sehr alt uud jedenfalls vor 1267 erbaut, da sie eine Grabschrift von
diesem Jahre enthält. Markgraf Ernst machte sie zur Gruft des badischen
Fürstenhauses, was sie auch bis 1830 geblieben ist. An Bildungsinstituten
fehlt es nicht; unter anderen befindet sich ein Gymnasium hier, uud iu der
neuesten Zeit wurde eine Kunstgewerbeschule errichtet. Jetzt ist Pforzheim
der Knotenpunkt für die Eisenbahnlinien Karlsrnhe-Stnttgart, Pforzheim-
Wildbad und Pforzheim-Calw-Horb-Reutliugeu-Ulm.
Die günstige Lage Pforzheims am Zusammenströmen von drei Gewässern
und am Zusammenstoß der Straßen von Karlsruhe, Stuttgart und Ettlingen,
Albthal-Stnttgart, veraulaßte schon srüh einen bedeutenden Handel mit Holz
und anderen Artikeln. Schon 1745 bildete sich ein Floßverein, der zuerst
bis Mannheim und Worms, seit 1810 direkt bis Holland Handel trieb;