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B. Brandenburgisch-preußische Geschichte.
Aber sie hatten sich arg verrechnet. Als König Wilhelm zu den Waffen rief da
erhob sich ganz Deutschland. Bon allen Seiten rückten die Truppen dem Rheine
zu. Überall ertönte das Lied:
„Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
wie Schwertgeklirr und Wogenprall:
Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein!
Wer will des Stromes Hüter sein? —
Lieb' Vaterland, magst ruhig sein;
fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
Am Todestage seiner Mutter erneuerte Wilhelm I. den Orden des Eisernen
Kreuzes, daß er auch in diesem Kampfe gegen Frankreich die Tapferen schmücke
wie einst im Freiheitskriege.
In kaum 14 Tagen standen 600 000 deutsche Krieger an der Grenze. Drei
Armeen wurdeu aufgestellt; die erste führte General von Steinmetz durch
die Rheinprovinz, die zweite Prinz Friedrich Karl durch die Pfalz und die
dritte der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Baden her in Elsaß hinein.
Bei der III. Armee waren die süddeutschen Truppen. König Wilhelm selbst
führte trotz seines Alters von 73 Jahren den Oberbefehl.
c) Die ersten glorreichen Siege. In den ersten Tagen des August 1870
begann der Kampf. Die ersten Schlachten schlug der Kronprinz bei Weißen¬
burg und Wörth und besiegte die Franzosen. Am Tage der Schlacht bei Wörth
erstürmten die Truppen der I. und II. Armee die Spicherer Höhen. Zahl¬
reiche französische Gefangene wurden schon nach diesen ersten Siegen nach
Deutschland befördert, darunter schwarze Turkos und Zuaven, die aus französi¬
schen Landern in Nordafrika stammten. Aber auch viele Verwundete brachten
die Eisenbahnzüge zurück, die in den schnell eingerichteten Lazaretten liebevolle
Pflege fanden.
d) Die Kämpfe bei Metz. Das Hauptheer der Franzosen stand bei der
Festung Metz. Es wurde in drei blutigen Schlachten geschlagen, zuletzt bei
Gravelotte, und in die Festung zurückgeworfen. Nunmehr belagerten die
Deutschen Metz.
e) Sedan. Ein anderes sranzösisd)es Heer wollte den Belagerten zur Hilfe
kommen und rückte von Norden her heran. Bei ihm befand sich Napoleon.
Doch die Deutschen merkten die Absicht früh genug, und Moltke durchkreuzte
den Plan des Feindes. Zwei deutsche Heere faßten die Franzosen bei der kleinen
Festung Sedan. Am 1. September 1870 wurden die Feinde völlig umzingelt
und besiegt. An dem folgenden Tage, dem 2. September, ergab sich das ganze
französische Heer mit dem Kaiser Napoleon an der Spitze, der als Gefangener
auf Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel gebracht wurde. Da herrschte Jubel im
Lager der Soldaten und in ganz Deutschland.
f) Fortsetzung des Krieges. Die Deutschen hatten gehofft, nach der
Gefangennahme Napoleons sei der Krieg zu Ende. Das war aber eine Täu¬
schung. Die Franzosen setzten ihren gefangenen Kaiser ab, erklärten das Land