Full text: Bilder aus den Landschaften des Mittelrheins (Bd. 4)

Der Hunsrück und seine Bewohner. 
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haben, das sich dort ansiedelte und heute noch zu erkennen ist. E. M. Arndt 
fragt mit Recht: „Wer hat bei allen Völkerzeugungen Gevatter gestanden?" 
Als Probe der Hunsrücker Mundart möge folgendes Gedicht P. I. Rott- 
mann's in Simmern hier Platz finden: 
F r ü h 1 i n g s 1 i e d. 
Watt sin euch dehr Brierer, Lang schloofe det Moorjets, 
Watt sin euch so frohj Datt brängt ahm köh Glick. 
Der Winder is danre, Wo frieher erausser, 
Det Friehjohr es doh. Wo grösser det Stick. 
Eraaser, dehr Bue, Et steht in der Biewel, 
Verloost auer Hühl! Wie Jerer aog wöäs, 
Watt weerd et ahm wierer Det Brot se verdiene 
Im Freie so wühl. Mit Aarwet und Schwäs. 
Im Haus hinn' gern Uwe, Dann schmeckt ähm det Esse, 
Do iss nit uhs Blatz, Dann schmeckt ihm der Schloof, 
So drauss in dem Acker, So schmeckt et köhn Kienig, 
Do liht eur Schatz. . So schmeckt et köhn Groaf. 
Der Bauer muss schaffe! Dremm lustig an't Wircke, 
Sei nosert nit faul; Uhs Herrgott will't höhn. 
Et flieche köh Dauwe Dem fleissige Bauer, 
Gebrote in't Maul. Dem gibt er sei Lohn. 
Eigentümlichkeiten der Mundart find besonders die Zusammenziehungen, 
ferner der Uebergaug von d und t in r, wenn diese zwischen zwei Vokalen stehen. 
Die Tracht der Hundsrücker ist noch vielfach eine alterthümliche, besonders 
bei den Männern, die lange Röcke aus braunem Tuche mit vielen Knöpfen und 
dreieckige Hüte tragen. Allein diefe Volkstracht macht mehr und mehr derjenigen 
Platz, die in den Städten üblich ist. 
Daß die Römer den Hundsrück kannten, geht aus der Heerstraße hervor, 
die über den sogenannten stumpfen Thurm nach Trier und Neumagen im 
Mofelthale führte. An jenem Thnrme lag eine Ansiedlnng, Belginnm genannt, 
wie eine ausgefundene Inschrift bezeugt. Der fchon erwähnte Dichter Aus on ins, 
der ein noch erhaltenes Gedicht zum Preise der Mosel verfaßt hat, kannte jene 
Heerstraße aus eigener Erfahrung. Die von ihm genannten Tabernae sollen an 
der sogenannten Heidenpfütze, einem starken, bestündig fließenden Brunnen, der 
eine Mühle treibt, gelegen haben. Einundzwanzig Jahre vorher, ehe Ansonins 
über den Hunsrück reiste, hatten die Alemannen die ganze Gegend verheert 
und in eine Einöde verwandelt. Bekanntlich überließ ihnen Kaiser Julian durch 
die Schlacht bei Straßburg im Jahre 357 n. Chr. das linke Rheinufer wieder. 
Ausonins hatte ein Liederbuch zum Preise eines schönen Schwabenmädchens, 
Namens Bissnla, geschrieben. Er singt darin unter Anderm von ihr: 
Roms freie Bürgerin — doch jeder Zug, 
Der Augen Blau, die Haut so licht und lind, 
Das goldne Haar giebt von Germania Kunde. 
Obgleich die Bewohner des Hunsrücks Alemannen sind, so fehlt ihnen 
doch die charakteristische Eigentümlichkeit, die hier Ansonins an einer Genossin 
ihres Stammes, wenn auch jenseit des Rheines geboren, schildert. Sie haben
	        
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