europäischen Staaten überhaupt — die Vollendung des Lustspiels feierte.
Man darf ihn kühnlich den ersten Dichtern aller Zeiten und Orten an
die Seite setzen. Die Quelle seiner Poesie entspringt aus der Tiefe der
Wahrheit, die jeden Schein verschmäht, aus dem sittlichen Ernst, welcher
allein dem satirischen Humor die Weihe der Kunst verleihen kann, und
aus dem feinsten Gefühl für künstlerische Formvollendung.
Moliere, in seiner Jugend Friseurlehrling, kam als Direktor einer
wandernden Schauspielertruppe nach Paris, wo er später zugleich die
Obliegenheiten eines Kammerdieners bei dem allerchristlichsten König
Ludwig von Frankreich versah.
Durch die vollkommene Kenntniß des antiken Drama's und der
spanischen Bühne, durch die feinste Beobachtung, das Verständniß der
Zeit und der Menschen, durch die höchste Sorgfalt, Gewandtheit und
Leichtigkeit der Ausführung endlich, gelangten seine Dichtungen zu der
innerlichen und äußerlichen Vollendung, welches fast jedes seiner Werke
bezeichnet.
Wie groß Moliere's Verdienste im komischen Drama waren, steht
man aus dem ungeheuern Abstand der nächstfolgenden Komiker, unter
welchen nur der mehr durch sein ungeregeltes Abenteurerleben, als durch
seine Werke bekannte Regnard Erwähnung verdient.
Wie in Frankreich, so sehen wir auch in den Übrigen europäischen
Staaten die Pflege der Bühnendichtung fast ausschließend in den
Vordergrund treten. In Italien, Spanien und England verstummte
die Lyrik und die Blüthe des Drama nahm alle poetischen Kräfte und
Talente in Anspruch.
Der letzte italienische Dichter, welcher in der epischen Literatur
ungewöhnliches Aufsehen machte, zugleich aber diesen Zweig der Dicht¬
kunst zum völligen Untergang brachte, war der Neapolitaner Marini.
In der dramatischen Dichtung Italiens bemerken wir gleich zu An¬
fang die strenge Absonderung der gelehrten Dichter, die für Akademien
und für die Höfe schrieben, von den eigentlichen Volksdichtern; eine
Trennung, die es verschuldet hat, daß weder die Tragödie, noch die
Komödie zu allseitiger und vollendeter Ausbildung gelangen konnte.
Die erstere blieb mehr oder weniger Nachahmung antiker Muster, wäh¬
rend die letztere sich selten aus der niederen Posse erhob.
Unter den gelehrten Dichtern nehmen Metastasio und später
Alfieri die erste Stelle ein, welche Beide jedoch schon völlig dem acht¬
zehnten Jahrhundert angehören.
Eine herrliche Blüthe war dem kunstmäßigen und zugleich volks-
thümlichen Drama in Spanien vergönnt. Wir haben vor Allen
Lope de Vega zu nennen (1552-1638). Kein Schriftsteller kann sich
einer gleichen Fruchtbarkeit rühmen wie Lope, welcher als eigentlicher
Gründer der spanischen Nationalbühne genannt werden muß , für die
er, seine andern Dichtungen abgerechnet, allein fünfzehnhundert Bühnen-