452 Die Kämpfe an der Elbe.
In die Zeit zwischen Magdeburgs Übergabe und Wiedergewinnung, näm-
lich ins Jahr 1809, fallen die Streifzüge des Majors Ferdinand von Schill.
Es brach die Morgenröte der deutschen Freiheit an. In den edelsten Kreisen
der Nation entzündete sich an dem Gefühl der Schmach und an dem Zorn über
Deutschlands Entehrung die Begeisterung für die Befreiung vom Joche Napoleons,
und als Frucht derselben reifte die mutige That. Alle diese Unternehmungen
mögen heute, vom Standpunkte kühler Berechnung betrachtet, unbedachtsam er-
scheinen, weil sie mit uuzulünglichen Mitteln gegen einen übermächtigen Feind
unternommen wurden; damals aber wurden sie mit freudiger Spannung oder
tiefer Trauer von allen Patrioten verfolgt.
An die Unternehmungen des preußischen Offiziers von Katt und des West-
sälischen Obersten von Dörnberg, von denen sich jener der Festung Magdeburg,
dieser des Königs Jerome bemächtigen wollte, schließen sich die Züge Schills.
Er hatte sich schon 1807 als Dragonerleutnant bei der Verteidigung Kolbergs
ausgezeichnet und war daher in Berlin, wohin er bald daraus als Major und
Inhaber eines neuen Husarenregiments versetzt worden war, der Gegenstand
allgemeiner Bewunderung und Verehrung. Als nun 1809 falsche Gerüchte
von österreichischen Siegen über Napoleon eintrafen, glaubte er eine allgemeine
Volkserhebung zur Abschüttelung der französischen Herrschaft hervorrufen zu
können. Mit feiner kleinen Schar streifte er in den Elbegegenden umher, und
das Glück begünstigte ihn.
Am 5. Mai traf er bei Dodendorf, südlich von Magdeburg und west-
nordwestlich von Schönebeck gelegen, mit einer französischen Abteilung zu-
sammen, und es gelang ihm auch, dieselbe zu besiegen; zehn Tage später,
am 15. Mai, erstürmte er die kleine mecklenburgische Festung Dömitz auf
dem rechten Elbufer. Aber die gehosfte allgemeine Erhebung des Volkes blieb
aus; denn zu sehr lähmte die Furcht vor dem gewaltigen Corsen noch die That-
kraft, zumal die Gerüchte von den österreichischen Siegen sich nicht bestätigten
und auch der König das Unternehmen mißbilligte. Schills Heldentod in Stralsund
am 31. Mai rettete ihn vor der Gefangennahme und Erschießung durch die
Franzosen, dem Schicksale seiner Kameraben.
General ljork bei Wartenlmrg. Als das große Kriegsdrama, dessen
Schauplatz in der zweiten Hälfte des Jahres 1813 das mittlere Deutschland
war, sich allmählich zur Hauptkatastrophe zuspitzte, erlangte die Elbe bei Witten-
berg noch einmal große Bedeutung. Blücher hatte am 26. August an ^er
Katzbach gesiegt, der Zug des Marschalls Ney gegen Berlin war durch Bülows
Sieg bei Bennewitz am 6. September vereitelt worden; daher beschloß Blücher,,
sobald als möglich die Elbe zu überschreiten, und dazu wurde die Gegend von
Wittenberg gewählt. Ostsüdöstlich von der Stadt mündet von rechts die Schwarze
Elster in den Strom, der hier, nachdem er kurz vorher fast gerade nach Norden
gegangen ist, einen Bogen nach Osten und bald darauf einen nach Süden macht.
Das Land, welches hier von der Elbe auf dem linken Ufer beinahe eingeschlossen
wird, besteht aus Weidendickichten und morastigen Wiesen, zwischen denen sich
tote Elbarme und Dämme hinziehen. Auf dem rechten User liegt das Dorf
Elster, auf dem linken Wartenburg.