Zweite Gründung. — Aus den Zeiten der Hansa. 11
zu einem Binnenhafen eingerichtet, in welchem freier Verkehr mit auswärtigen
Schiffern und Händlern gestattet war. Bald wurde hier auch eine Kapelle
gebaut und 1168 dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Seefahrer,
geweiht, und fo entstand das Nikolaikirchspiel oder die Neustadt, welche unter
ihrem ersten Bürgermeister Wirad von Boizenburg ein von der Altstadt ge-
sondertes Gemeinwesen hatte. Jeder Stadtteil hatte seinen besondern Rat, sein
Rathaus — seinen Ratsweinkeller, seinen „Kaak". Erst im Jahre 1248 (wie
sich wenigstens mit einiger Sicherheit schließen läßt) fand eine Vereinigung der
beiden „Nachbarstädte" statt.
Besonders wichtig für Hamburgs Entwickelung sind aber die Gerechtsame
geworden, welche Adolf III. vom Kaiser Friedrich Barbarossa erwirkte. Das
ihre Verleihung enthaltende und von jeher hoch und wert geschätzte Dokument
wird noch jetzt in dem Stadtarchive aufbewahrt. Es ist gezeichnet zu Neuburg
an der Donau, 7. März 1189, und dann von Adolf unter Mitunterschrift von
fünf holsteinischen Edlen bestätigt. Dieser Freiheitsbrief gewährte den Bürgern
Hamburgs für ihre Schiffe und Waren von der See bis an die Stadt voll-
ständige Zollfreiheit; auch wurden sie in dem ganzen Gebiete des Grafen jedes
Zolles und jeder Abgabe, auch jeder Beschränkung ihres Handels entledigt. Sie
durften Fischerei treiben aus der Elbe zwei Meilen aufwärts der Stavt, ebenso
auf der Bille eine Meile weit, erhielten Weidefreiheit für ihr Vieh und un-
eingeschränkte Nutzung der Waldungen. Jeder durfte Geldwechsel treiben, nur
nicht vor dem Münzhause. Kein Hamburger sollte mehr zur Heeresfolge ge-
zwuugen und zwei Meilen im Umkreise der Stadt durste kein festes Schloß
erbaut werden.
Erst diese Bestimmungen haben dem hamburgischen Seehandel Luft und
Licht gegeben, und bald nahm derselbe einen großartigen Aufschwung, da
- namentlich die Bewohner der Neustadt regen Handelsverkehr in die Nordsee
hinein betrieben. Die Gerechtsame sind aber auch die ersten Anfänge der nach-
herigen staatlichen Freiheit der Stadt geworden und sind in ihrer Bestätigung
und weiteren Ausdehnung durch Albrecht von Orlamünde (1216) und Adolf IV.
von Schauenburg (1225) als die staatsrechtlichen Grundlagen der spätern Größe
und Bedeutung Hamburgs anzusehen. Den Kaiser Friedrich Barbarossa haben
die dankbaren Hamburger dadurch geehrt, daß sie im Verein mit Lübeck sein
Bildnis, von der Meisterhand Lessings gefertigt, für den Römer zu Frankfurt
am Main gestiftet haben; das Andenken Anschars und Adolfs IH. von Schauen¬
burg und ihre Verdienste haben ihre Standbilder auf der Trostbrücke, einer der
zahlreichen Brücken der Stadt, aufs herrlichste erneuert.
Aus dtl! Zeiten bfr Hansa. Zu einer großen politischen Bedeutung erhob
sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte eine Bewegung, die immer enger und
immer einflußreicher werdende Vereinigung der Städte des gesamten norddeutschen
Tieflandes von der westlichsten bis zu der östlichsten Grenze. Der Gedanke der
Sammlung der zerstreuten Kräfte zu einer gemeinsamen Wirkung lag tief in der
Zeit und mußte sich in einer Periode entwickeln, in welcher bei dem ununter-
brochenen, allgemeinen, leidenschaftlichen Kampfe zwischen Macht und Recht der
Einzelne verloren war und nur durch Anschluß an andre sich aufrechthalten
konnte. So schloffen sich schon früh die deutschen Kaufleute in den überseeischen