Kulturgeschichte der Agilolfinger = und Karolingerzeit. 18
einem Grundherrn traten ober Geistliche wurden. Die Folge war ein Hrt=
wachsen des Großgrundbesitzes auf Kosten der freien Bauern. Doch
kam die gesteigerte Leistungsfähigkeit der großen Güter den Aufgaben der
inneren und äußeren Kolonisation sehr zu statten und Karl der Große
selbst ließ in seinen Meiereien in Dingolfing, Osterhofen, Ribling land¬
wirtschaftliche Musterbetriebe entstehen. Kirche und Schule, Kunst und
Wissenschaft fanden an ihm einen mächtigen Gönner. Die Bekehrung der
Slaoen machte bedeutende Fortschritte, zumal als der Papst auf Karls Be¬
treiben hin Salzburg 798 zum bayerischen (Erzbistum erhoben hatte.
Die Hbgabe des Sehnten an die Geistlichkeit wurde jetzt zur festen Ein¬
richtung.
Der Heranbildung tüchtiger Kleriker und der Hufrechterhaltung der
Kirchenzucht unter Priestern wie Laien galt die Fürsorge des Franken-
Herrschers gleichermaßen. Der Zahl der Geistlichen wurden die Kanzler,
vielfach auch die Königsboten und Gesandten entnommen; Bischöfe und
Äbte mußten häufiger als unter den Herzogen Kriegsdienste leisten. Ihre
Ernennung, den gesamten Betrieb des Gottesdienstes, die Verfügung über
Kirchen- und Klostergut: alles hielt Karl in seiner starken Hand.
Der erste Erzbischof von Salzburg, Hrn, ein geborener Bayer und
Schüler Alkuins, begründete die Salzburger Bibliothek. Ruf bayerischem
Boden entstanden (oder wurden doch aufgezeichnet) zwei ehrwürdige Denk¬
mäler der christlichen Poesie des 9. Jahrhunderts, das wessobrunner Gebet
und Muspilli (müd — Erde, Weltall' spilli — Vernichtung). Das letzt¬
genannte Fragment fand sich im Kloster St. (Emmeram zu Regensburg
und ist vielleicht von Ludwig dem Deutschen selbst nach dem Gedächtnisse
niedergeschrieben worden.
Alles in allem verfehlte die machtvolle Persönlichkeit Karls des Großen auch auf
die Bayern ihren Eindruck nicht. Früh umrankte seine Gestalt die Sage; sie ließ ihn
später in Bayern, in einer Mühle bei Gauting, geboren sein, sie versetzte ihn in den
gewaltigen Untersberg, von wo er in bedeutsamer 3eit dereinst wiederkehrt.