Contents: Vaterländische Geschichtsbilder

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die Heldenthaten ihrer Vorfahren verherrlicht wurden. Bei diesen Trinkgelagen 
brachen nicht selten Streitigkeiten aus, die mit Totschlag und Wunden endeten. 
5. Unter den Tugenden übten die Germanen besonders die Gastfreund¬ 
schaft. Jeder setzte dem Gaste vor. was das Haus bot und gab ihm beim 
Abschiede ein Geschenk. Eine der schönsten Tugenden war die Wahrhaftig¬ 
keit und Treue. Was sie versprachen, das hielten sie treulich; ein Hand¬ 
schlag galt bei ihnen soviel wie ein Eidschwur. Besonders heilig wurde die 
Ehe gehalten. Die Frau galt als etwas Heiliges und Prophetisches. Bei der 
Verheiratung brachte der Mann als Mitgift Rinder, ein gezäumtes Roß und 
Schild nebst Schwert und Spieß mit. Auch die Frau erhielt einige Waffen¬ 
stücke. Eine priesterliche Einsegnung der Ehe kannte man nicht; durch die 
Übergabe des Brautschatzes an den Vater der Braut erlangte die Ehe Giltigkeit. 
Über alles aber ging den Germanen die Liebe zur Freiheit. So lebten sie 
unter der Obhut reiner Sitten, und gute Sitten galten bei ihnen mehr als 
anderswo gute Gesetze. 
6. Unter den Lastern sind besonders Spielwut, Trunksucht und als 
Ursache dazu der verderbliche Müßiggang hervorzuheben. 
7. Die Erziehung der Jugend begann gleich nach der Geburt. Das 
neugeborene Kind wurde in kaltes Wasser getaucht, das heranwachsende durch 
jede Leibesübung abgehärtet. Der Knabe ging mit dem Vater auf die Jagd 
oder warf sich bei Sturm und Wetter in den Strom und rang mit den Wellen. 
Die Männer gingen stets bewaffnet; doch durfte keiner die Waffen eher an¬ 
legen, als bis die öffentliche Volksversammlung ihn für wehrhaft erklärt hatte. 
Das geschah durch die Schwertleite, wobei einer der Fürsten oder der 
eigene Vater den Jüngling mit Schild und Speer schmückte. Das war der 
wichtigste Tag im Leben des Jünglings, denn durch die Schwertleite wurde 
er mündig. Von nun an erschien er stets in Waffen, und lieber verlor er das 
Leben als seinen Schild. Die einzige öffentliche Belustigung war der Schwert¬ 
oder Waffentanz. Nackte Jünglinge sprangen dann zwischen nackten Schwertern 
und drohenden Lanzenspitzen umher, zeigten ihre Kraft und Gewandtheit und 
erwarben sich den Beifall der Zuschauer. 
8. Das Dolk bestand aus Freien und Unfreien, die Unfreien wieder 
aus Hörigen und Leibeigenen. Die Freien waren Besitzer von Haus, Hof 
und Acker, trugen Waffen und nahmen an allen Versammlungen und Kriegen 
teil. Ihre-vornehmsten Geschlechter waren die Adeligen oder Edelinge. Die 
Hörigen oder Halbfreien erhielten von einem Freien Haus und Land in 
Pacht und mußten dafür eine Abgabe entrichten oder Hand- und Spanndienste 
leisten. Die Abgabe bestand in Getreide, Vieh, auch wohl in Tierfellen und 
Gewändern. Sonst war der Hörige Herr in seiner Wohnung. Durch großen 
Fleiß konnte er so viel Besitz erwerben, daß er dafür freigelassen wurde. Das 
geschah meist in Kriegszeiten, wenn man zahlreiche Kämpfer brauchte; denn 
nur der Freie durfte Waffen tragen. Die Leibeigenen oder Sklaven waren 
völlig unfrei; sie konnten gekauft oder vertauscht werden, wie eine Ware; ihr 
Herr durfte sie ungestraft töten, nach Belieben mit Arbeit belasten oder züch¬ 
tigen ; auch Frau und Kiuder gehörten dem Herrn. Doch wurden sie, als der 
wertvollste Besitz der Freien, meist schonend behandelt. Sie waren entweder 
Kriegsgefangene oder Überbleibsel eines unterworfenen Volkes, auch solche, 
welche ihre Freiheit verspielt hatten und nun dienen mußten. — Mehrere 
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