90 Gewerbe und Verkehr. Handel und Wandel.
Neue Münze, auf dem Grundstück Münzstraße Nr. 10 eingerichtet, welche als
solche eingegangen ist, während ihre Einrichtungen für die königliche Kunst-
gießerei, u. A. für die Herstellung des Gusfes des Denkmals Friedrichs des
Großen, nachmals benutzt worden sind. Nachdem 1794 das Werder'scheRath-
haus abbrannte, erbaute man 1799—1800 das noch jetzt vorhandene, mit zwei
dorischen Säuleu am Haupteingange und mit einem Relieffries von Schadow
versehene, später an die Stadtgemeinde vertauschte Gebäude am Werder'schen
Markt. Das Grundstück an der Unterwasserstraße wurde allmählich durch An-
käuse und Anbauten vergrößert und schließlich der jetzige ansehnliche Neubau,
auf Grund Stüler'scher Pläne von W. Neumann errichtet, im Jahre 1871 dem
Betriebe überwiesen. Die trefflichen Basreliefs von Schadow sind hier wieder
angebracht, auch durch Siemering und Hagen ergänzt und dabei um ein Drittel
verlängert worden. Angesichts links ist die Geschichte des Münzwesens, rechts
der Verkehr des Geldes und sein Einfluß auf Kunst, Wissenschaft, Ackerbau.
Gewerbe, Handel und Krieg dargestellt. Daneben sind als Verzierungen Terra-
eottareliefs augebracht, worunter die münzenartig gehaltenen, auf mattem
Goldgrnnd hervortretenden Medaillonbildnisse derjenigen hohenzollernschen Kur-
sürsten und Könige, welche Münzen geschlagen haben.
Aus dem iu dem Gebäude befindlichen Reichstresor gelangt das zu ver-
prägende Gold oder Silber in die Schmelze, die in Graphittiegeln so zwar
bewirkt wird, daß bis 3 Centner Gold und bis 7 Centner Silber zugleich
geschmolzen werden können. Der Schmelzkönig wird in Gießflaschen zu etwa
0,4 m langen Zainen ausgegossen. Die Zaine werden durch ein Streckwerk bis
zu der erforderlichen Dicke der Münzplatte ausgewalzt, die einzelnen Münz-
platten alsdann ansgelocht und die zurückbleibenden Metallstreifen oder Schroten
zu einer dichten Masse in Form eines Helmes oder Schrotenkopses zusammen-
geschlagen und wieder eingeschmolzen. Die Adjustirung, Gewichtsbestimmung,
geschieht durch selbstthätige Justirmaschinen; die richtig abgewogenen Platten
werden gerändelt, gebeizt, gewaschen, mit Dampf getrocknet und mittels einer
Hochdruckmaschine von 16 Pferdekräften ausgeprägt. Wenn auch die einzelnen
Manipulationen durch verbesserte Maschinen erleichtert sind, so wird man nicht
behaupten können, daß die Berliner und überhaupt die deutschen Reichsmünzen
den Anforderungen genügen, welche unsere Zeit zu stellen berechtigt ist. Die
geringe Schärfe der Prägung, die Unzweckmäßigkeit der äußeren Ausstattung
der Münzen ist in der Geschäftswelt wie im Reichstage vielfach getadelt worden,
von wirklich künstlerischer Gestaltung ist vollends dabei keine Rede. Ueberhanpt
liegt die Medaillir- und Prägekunst hier und anderwärts im Lande bedauerlich
danieder. Als es im Jahre 1880 galt, die Gedenk- und Ehrenmünzen für
die Internationale Fischereiausstellung zu fertigen, wandte man sich von Berlin
nach Stuttgart, in der Erwartung, dort etwas Vorzügliches zu erhalten; daß
dergleichen aber auch dort nicht geliefert worden ist, hat sich alsbald gezeigt.
Besonders charakteristisch ist es, daß im Jahre 1879 die Direktion des Märkischen
Museums ersucht wurde, auf der Internationalen GeWerbeausstellung ältere Ber-
liner Prägstücke auszulegen, weil die moderne Medailleurkunst wenig Erfreuliches
aufzuweisen habe. Es wurden hierauf u. A. die Medaillen Kurfürst Friedrich's III.
beziehentlich König Friedrich's I. ausgelegt, die noch jetzt als das Beste, was Ber-
lin jemals in der Stempelschneide- und Prügekunst geleistet hat, anzusehen sind.