Der Thiergarten. 169
Personen, was eine unbeschreibliche Erbitterung erregte. So endete die vierte
Volksversammlung in den Zelten am 13. März 1848; am folgenden Sonnabend
wüthete der Straßenkamps in der Stadt Berlin. —
Die Anfänge des Thiergartens liegen drei Jahrhunderte zurück.
Der Grund und Boden gehörte der Stadt Kölln und einzelnen Bürgern und
wurde von dem Markgrafen Joachim, dem nachmaligen Kurfürsten Joachim II.,
1527 gekauft, mit dem Beding, daß, wenn in künftiger Zeit solcher Raum von
ihm nicht mehr gebraucht werden sollte, er alsdann dem Rathe und der Ge-
meinde zu Kölln wieder zufallen solle. Diese Rechte wurden später von dem
Kurfürsten abgelöst, und ist seitdem der Thiergarten volles Eigenthum der Lau-
desHerren geworden. Der Thiergarten war nur ein Theil des von Wiesen und
Brüchen unterbrochenen Waldes, der in seinen feuchteren Stellen mehr Busch-
wald, auf den höheren Stellen Nadelholz mit Eichen untermischt enthielt und
eine sehr bedeutende Ausdehnung bis ties in das jetzige südliche, südwestliche,
westliche uud nordwestliche Berlin hinein hatte. Dieses Waldland umfaßte
nämlich außer dem jetzigen Thiergarten die Dorotheenstadt, den Friedrichs-
werder uud einen Theil der Friedrichsstadt. Auf dem rechten Spreeufer war
ähnliches großes Heiderevier, da, wo jetzt Moabit und die Oranienburger Vor-
stadt liegen, welches fich mit der einem Nonnenkloster gehörigen Jungfernheide
vereinigte und bis Spandau reichte. Der eigentliche Thiergarten wurde mit
Wild reichlich besetzt; so finden wir eine Notiz, wonach Kurfürst Johann Sigis-
mund dem Hofjägermeister Hans Jakob Roth befahl, im Herbste Hasen einzu-
sangen und einzusetzen, auch solle in den Gärten etwas gesäet werden, damit
das Wild Nahrung habe. In der Gegend, wo jetzt die Sandsteinbildsäule der
„Winzerin" von Drake steht, lag das Reiherhaus, von wo aus ein Jäger die
für die Reiherbeize, einen damals sehr beliebten sürstlichen Sport, erforder-
lichen Thiere in Obhut nahm. Vielleicht ist dieser Beamte der kurfürstliche
Vogelsteller an der neuen Brücke, von dem 1620 erwähnt wird, daß er zugleich
das Geschäft habe, die Schiffe durchzulassen. Diese neue Brücke ist vermutlich
die spätere Hunde-, jetzige Schloßbrücke. Durch Reskript vom 19. März 1657
wurde der Oberjägermeister vou Herteseld beauftragt, „Wild und Rehkälber"
einzusaugen und auszusetzen. Es sollen damals auch große Hirsche aus Zossen
und Auerhahne aus Preußen oder der Neumark nach Berlin geschafft, in den
Thiergarten gesetzt und zu ihrer Ernährung Hafer ausgesäet wordeu sein. 1742
ließ Friedrich II., welcher im Schleichen Kriege die böhmische Fasanenzucht
kennen gelernt hatte, aus dem südwestlichsten Terrain des Thiergartens, dem
wir im weiteren Verlauf noch besondere Aufmerksamkeit zu schenken haben
werden, eine Fasanerie anlegen und mit mehreren Arten des „kolchischen Huhns"
reichlich ausstatten. — Um das Wild am Ausbrechen zu verhindern, wurde
der Thiergarten mit einem Plankenzaun umhegt und zur Instandhaltung des-
selben besondere Stakensetzer bestellt.
Während des Dreißigjährigen Krieges war der Thiergarten verfallen, auch
wurden durch die Festungswerke, die Anleguug des Friedrichwerders, der
Dorotheen- und nachmals der Friedrichsstadt demselben große Ländereien ent-
zogen. So lag der Jägerhos in der Jägerstraße, auf dessen Terrain wir im
3. Kapitel die Hauptbank haben entstehen sehen und in welchem das Waidzeug
verwahrt wurde, bald weit entfernt von dem zugehörigen Jagdreviere. Schon