14 I. Allgemeines. 3. Die Zonen und ihr Einfluß 
daß in dieser Zone das organische Leben doch noch nicht seine höchste Stufe 
erreicht habe. Auch dem Thierleben fehlt in dieser Weltregion der merkliche 
Fortschritt nicht; es sind die Landthiere schon im Uebergewichte, und die 
Thierarten selbst treten viel zahlreicher und mannichfaltiger auf. 
Erst in den heißen Regionen der Tropenwelt entfaltet das Leben der 
Natur seine höchste Kraft, seine größte Herrlichkeit, seinen schönsten Glanz. 
Alles deutet hier mit stark in die Augen strahlenden Zügen daraus hin, wie 
die Wärme das wahrhaft belebende Princip der organischen Natur sei. Die 
Farnkräuter und andere Kryptogamen, die im Norden nur kriechend den 
Erdboden bedecken, nehmen hier die Höhe und Stärke unserer Waldbäume 
an. Die Gräser, welche wir in unserm Klima bloß in der bescheidenen 
Form auf Wiesen und Feldern kennen, erreichen in Ostindien eine Höhe 
von 20 Meter und nehmen eine solche Festigkeit an, daß ihre hohlen Röhren 
das Ballenwerk der Gebäude bilden können. Ganz vorzugsweise zeichnet sich 
hierbei das elegante, majestätische Bambusrohr aus. Die Waldbäume zei- 
gen sich in noch einmal so großer Höhe, von viel größerm Umfange nnd 
stehen so dicht neben einander, wie wir es in unserer gemäßigten Welt kaum 
für möglich halten. Ein einziger Baum bildet oft einen ganzen Garten von 
hundert verschiedenen Pflanzen, welche in seinem Stamme wurzeln und sich 
zwischen seinen Zweigen hindurchwinden, ihren Blütenglanz aus dem dunkeln 
Laubgrün ins Freie strahlen lassen und mit ihren bunt durch einander ge- 
mischten Formen und Farben das Auge entzücken. Die Anzahl der Species, 
die Schönheit der Grundformen erregen das Staunen. Wenn das pflan- 
zenreiche Amerika in seinen gemäßigten Zonen beider Hemisphären ungefähr 
4000 Pslanzenspecies besitzt, so kommen auf dem noch glücklichern tropischen 
Boden dieses Welttheils mehr als 13,000 vor, eine Zahl, welche erst dadurch 
ihre wahre Bedeutung erhält, daß die verhältnißmäßig kleinste Festlandsfläche 
der Tropenregion weit über die Hälfte aller vegetabilischen Species der ganzen 
Erdoberfläche in sich schließt. 
Auch das Thierreich ist in diesem glücklichen Tropengürtel nicht weniger 
reich an Fülle, Schönheit und Kraft des Lebens. Unzählig ist auch hierin 
die Mannichfaltigkeit der Arten, unbeschreiblich das Lebhafte der Farbenpracht 
und die Freiheit der Farbenfchaitirung in der Welt der Vögel nnd Jnfecten. 
Die kolossalen Gestalten der Dickhäuter -- Nashorn, Elephant, Tapir, 
Flußpferd —, welche die Wälder und Flüsse beleben und mit ihrer gewalti¬ 
gen Kraft erschüttern, staunen wir mit hoher Verwunderung an; die blut- 
dürstige, gewandte Kraftnatur der reißenden Thiere, jene unheimlichen Be- 
wohner der Wüsten und Wildnisse von Afrika und Asien, erregen wohl 
Sorge in dem Bewohner und Wanderer dieser Weltgegend, aber sie erfreuen auch 
das Herz der Naturfreunde. Wer könnte bei so riesigen, so kraftvollen, fein 
gegliederten, fein beweglichen, elastischen Thiernaturen, wie sie dem Löwen
	        
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