303. Kalkutta. 
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liche Mste des Meerbusens von Bengalen beherrscht. In zweistündiger Fahrt 
gelangt man aus dem „weißen" Stadtviertel, der eigentlichen Stadt der 
Paläste, durch die Bazarstadt in unabsehbare dorfartige Vorstädte mit Bam- 
bus und Palmhütten. Zuletzt werden diese Hütten und die in den Gärten 
versteckten Landhäuser immer sparsamer und endlich führt eine breite Allee 
von Teak, Tamarinden u. s. w. durch ein üppiges Land, in welchem hohe 
Mais- und Ricinusfelder, einzelne Reisfelder und Betel-Plantagen mit 
Kokos- und Areka-Palmen wechseln, zu dem Park von Barrakpnr und dem 
Sommerhause des Gouverneurs. 
Die Wohnungen der Europäer sind sehr geräumig und nach europäi- 
schen Ansprüchen bequem eingerichtet; aber die Wände entbehren fast allen 
Schmuckes in Bildern, zunächst deswegen, weil sie durch die Feuchtigkeit sehr 
leiden, wie in Bombay; selbst Bücher sind oft nach mehreren Jahren 
von Jnfecten und Würmern durchbohrt. Um die freie Luft im Schatten 
genießen zu können und zugleich das Einsallen der Sonnenstrahlen in die 
Zimmer möglichst zu beschränken, läuft um jedes Haus, meist in jeder Etage, 
jedenfalls aber an der obersten, die „Verandah" (aus dem hindostanifchen 
bara mahda, d. h. großer Gang, große Paffage). Ungeachtet der bedeutenden 
Gehalte der Beamten und der günstigen geschäftlichen Verhältnisse ist Kal- 
kutta eine Stadt ohne besondern Reiz des Ausenthaltes, ohne Theater, Eon- 
certsaal, Park u. s. w. Das mörderische Klima hat daran einen nicht 
geringen Antheil. Da das Aufblühen der Stadt verhältnißmäßig sehr neuen 
Datums ist, so fehlt auch alles indische Monumentale; die Hindutempel und 
die Moscheen sind klein, nur für die Bewohner der nächsten Umgebung 
bestimmt. Von Interesse dagegen sind die Bazars durch die Mannichsaltig- 
fett indischer Producte, die sich hier anhäufen. Auch die Oberfläche des 
Hugly-Stromes ist stets mit Tausenden von Fahrzeugen bedeckt, die vorzüg- 
lich Marktgegenstände und Getreide bringen. Bei solchem Verkehr sind die 
hier vorkommenden Stürme, Eyelone, besonders durch den Einfluß der Ebbe 
und Flut, so verderblich, daß z. B. bei einem Sturme 1867, uud zwar bei 
großenteils tiefer Ebbe, 400 Fahrzeuge verloren gingen uud über 600 Men- 
schen auf dem Flusse um's Leben kamen. 
In hohem Grade lehrreich ist der Besuch des sehr starken Forts, dessen 
volle Vertheidigung auf 25,000 Mann und 619 Geschütze berechnet ist, der 
Geschützgießerei, des Artillerie-Depots, der Münze, des Museums, des bota- 
nischen Gartens und verschiedener Lehr-Anstalten, Alles mehr oder minder 
Schöpfuugen der Neuzeit, aus denen die Klugheit uud Macht der britischen 
Herrschaft, nicht aber die Nationalität des indischen Volkes und seiner großen 
Vergangenheit spricht. Diese zeigt sich in dem bunten Treiben des Bazars 
oder an dem Hugly-Strome, den ein Mastenwald von Kriegs- und Handels- 
schiffen aller Nationen der Welt bedeckt, den Tausende kleiner, graziös gebo- 
gener Boote durchschneiden, oder der in der Frühe von Badenden wimmelt 
Pütz, Vergl. Erd- und Völkerkunde, II. 2. Auslage. 19
	        
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