401. Westindien.
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Durch einen Negeraufstand wurden die Franzosen vertrieben (1803); es
entstand aus der französischen Colonie ein Negerstaat und neben diesem eine
Mulatten-Republik im Süden, bis beide sich zu einer einzigen Republik
vereinigten (1820) und an diese (1822) sich auch die größere östliche, ehemals
spanische Hälfte der Insel anschloß, so daß ganz Haiti eine einzige
Republik bildete (1822—1844). Im Jahre 1844 aber gestaltete sich der
ehemals spanische Theil wieder zu einer besondern Republik Domingo,
deren Präsident, der Neger-General Faustin Soulouque, den Kaisertitel
annahm (1852). Dessen Willkührherrschaft führte seinen Sturz und die
Wiederherstellung der Republik herbei (1858).
Die Insel Haiti hat zwar in Folge der politischen Schicksale die An-
sprüche auf den frühern Beinamen „der Garten Westindiens" aufgeben
müssen, aber die außerordentliche Productionssähigkeit des Bodens ruht nur
und wird sich mit der Sicherstellung der politischen und materiellen Verhält-
nisse und der Befreiung des Handels aufs Neue entfalten. Denn die Ebenen
der (um 252 l>M.) größeren Republik San Domingo gehören zu den
fruchtbarsten der Erde. Von der rauhen Cibaogruppe laufen 14 Bergreihen
strahlenförmig nach allen Richtungen aus. Zwischen diesen Bergen, von
ihnen gestützt und bewässert, senken sich die Vegas (Gefilde) herab, indem sie
sich erweitern, je mehr sie sich dem Meere nähern, so wie auch die Gewässer
als stattliche Ströme in den Ocean münden. Auch besitzt gerade Domingo
neben einem für alle tropischen Kulturen trefflich geeigneten Boden die
edelsten Holzarten (Mahagoni, Cedern, Ebenholz), welche für die Luxus-Möbel
aller Länder gesucht werden, in überschwenglicher Fülle, eben so Farbehölzer
und Schiffbauholz. Zur Förderung der mannichsaltigen mineralischen Schätze
des BöveW hat es bisher an Arbeitskräften und Capitalien gefehlt.
Die Südküste der Insel hat zwei vortreffliche Häfen: San Domingo
und Samana. Die Hauptstadt Domingo liegt an der Spitze eines von
zwei Flüssen gebildeten Deltas, die eine Stunde voqi Meere sich vereinigen.
Schon der Spanier Oviedo, Intendant zu San Domingo, sagte zu Kaiser
Karl V., es gäbe keine Stadt in Spanien, welche verdiente, San Domingo
vorgezogen zu werden, sei es in Bezug auf den Boden, oder die Annehm-
lichkeit ihrer Lage, oder die Schönheit ihrer Straßen und Paläste, oder die
Reize ihrer Umgebungen. In der stattlichen Kathedrale ruhten 21/« Jahr¬
hunderte hindurch die sterblichen Ueberreste des Columbus und seines Bru-
ders, bis sie bei der Abtretung Domingos an Frankreich nach Havana
übergeführt wurden (f. S. 558).
Wie Havana auf Euba und Key-West in Florida den ersten (nörd¬
lichen) Eingang zum Antillenmeere und zum centralamerikanischen Isthmus
beherrschen, so Mole San-Nicolas auf Haiti den zweiten und die geräumige
(14 Meilen lange und 4 Meilen breite) Bucht von Samana den dritten
und besten, durch welchen man die Gefahren des Golfstromes und der Ba-
Plitz, Vergl. Erd- und Völkerkunde. II. 2. Auflage. Zh
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