Full text: Der deutsche Krieg 1866 (Teil 2)

eine gewaltsame Durchführung seiner vertragsmäßig in 
den Herzogtümern erworbenen Rechte erstrebt habe, dem¬ 
nach nicht die Schleswig-Holsteinische Zrage den Anlaß zur 
gegenwärtigen Verwickelung gegeben habe, sondern ledig¬ 
lich die an der preußischen Grenze von Österreich und 
Sachsen unternommenen, durch keinerlei preußische Heraus¬ 
forderung gerechtfertigten Rüstungen. Graf Bismarck aber 
zog aus dem österreichischen vorgehen am Bunde den 
logischen Schluß, daß für Österreich der Gasteiner Vertrag 
seine bindende Kraft verloren habe und damit das Recht 
Preußens, auch in Holstein neben Österreich die vollen 
Rechte der Souveränität auszuüben, wieder aufgelebt sei. 
Daher ließ er dem Grasen ITTensöorff am 3. Juni an¬ 
kündigen, daß General ZTTanteuffel Auftrag erhalten werde, 
die Preußen aus dem Vertrag vom 30. Oktober zustehenden 
hoheitsrechte in Holstein wahrzunehmen, und erhob gegen 
die von Österreich einseitig erfolgte (Einberufung der hol¬ 
steinischen Stände Einspruch. Offenbar wollten die öster¬ 
reichischen Staatsmänner den Krieg, den Kaiser Zranz 
Joseph persönlich gern vermieden hätte; die Schwierigkeit 
der inneren Lage drängte dazu, des Sieges glaubte man 
sicher zu sein, und die Aussicht auf preußische Kontributionen, 
die der österreichischen Zinanznot abhelfen könnten, lockte 
zum Wagnis des Krieges. Aus diesem Grunde lehnten sie 
auch eine Teilnahme Österreichs an einer von Napoleon III. 
vorgeschlagenen Konferenz in Paris tatsächlich ab, in¬ 
dem sie sie an den Vorbehalt knüpften, es müsse jede Kom¬ 
bination ausgeschlossen bleiben, durch die einem der teil¬ 
nehmenden Staaten eine Gebietsvergrößerung oder Macht¬ 
vermehrung verschafft würde. Da bei einem solchen Vor¬ 
behalt die ganze Konferenz zwecklos war, verzichteten 
die Großmächte auf ihren Zusammentritt (4. 3uni) und auf 
ihre im Interesse der Erhaltung des Friedens angebotene 
Vermittelung. 
Ls konnte kaum noch ein Zweifel darüber obwalten, 
daß Österreich zum Krieg gegen Preußen entschlossen war,- 
das entscheidende wort zu sprechen, schien ihm noch nicht 
an der Zeit, solange als es mit seinen Rüstungen im Rück¬ 
stände war oder noch nicht sicher auf die Mitwirkung seiner 
deutschen Bundesgenossen rechnen konnte. 
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