213 
zug bestimmen läßt, findet sich gewiß hier eben so befriedigt wie 
dort. Auch ist es für den einzelnen Reisenden, der dem Geräusch 
großer Städte für einige Zeit zu entsagen kommt, wohlthuend, hier 
nirgends den Zügen reisender Engländer zu begegnen, die in der 
Schweiz allenthalben jene großartigen und theuren Gasthöfe da her- 
vorgerufen haben, wo man Ländlichkeit und Einfachheit besuchen 
möchte, und nur ausländischen Luxus für theures Geld findet. 
Wer das bairische Alpenland durchreisen will, muß sich begnü- 
gen, in einem einfachen Wirthshaufe beherbergt zu werden, wo er 
sich jedoch bei mäßigen Ansprüchen befriedigt und vor allem allent- 
halben Reinlichkeit finden wird, ohne daß es ihn übrigens belästigen 
dürfte, wenn vielleicht am andern Tische Knechte und Mägde des 
Wirthes aus einer gemeinschaftlichen großen Schüssel ihr einfaches 
Mahl einnehmen, während sich neben ihn einer jener schmucken, 
stattlichen Söhne der Alpen setzt, wie sie von solcher Größe und 
Muskelkraft weder Schweizer, noch Tyroler, ihre Nachbarn, aufzu- 
weisen haben. Er darf sich nicht gekränkt fühlen, wenn ihn dieser 
in seiner treuherzigen schlichten Weise mit «Du« begrüßt, darf jedoch 
durchaus nicht glauben, dadurch mit Zudringlichkeit belästigt zu 
werden. Hat der Mann einige «Hoalbi« Bier getrunken, so wird 
er lebendig, und beginnt seine »Schuattahüpfln« vorzutragen, kleine 
vierzeilige Lieder, die meist improvisirt werden, und ihr Wirths- 
Haus-, Schützen- und Liebesleben besingen; nun rücken mehrere zu- 
sammen, und Einer sucht es dem Andern zuvorzuthun. Dabei wird 
in die Hände geklatscht, mit den Füßen gestampft und gejodelt. Es 
findet sich dann gewöhnlich eine Cither vor, das Instrument, wel- 
ches ausschließlich den Alpen gehört, und hier fast von jedem ihrer 
Söhne gespielt wird. Bald ist nun auch ein »Deandl« (Mädchen) 
bei der Hand, und nun wird »Landler« getanzt, dieser gemüthliche 
und zugleich graziöse Nationaltanz, der aus unsern Bällen noch keine 
Gnade finden konnte, während man Polka, Mazurka u. a. von 
fremden Nationen entlehnt. — Leider folgen dann auch manchmal 
ernstliche Händel, wie dies bei Naturkindern, die sich von ihren 
Leidenschaften blind beherrschen lassen, leicht möglich ist. Es werden 
die stählernen Schlagringe gedreht, die sie am Finger tragen, und 
selten legt sich der Kampf, bis er sein Opfer gefordert. Doch haben 
die Leute Takt genug, in Gegenwart Fremder sich zu beherrschen. 
Beachtenswerth sind die Symbole, die die Decken der Gastlokale 
zieren. Liegt das Dorf an einem der See'n, und find daselbst 
Kähne zum Gebrauch für Reisende, so hängt von der Decke herab 
das Modell eines Kahnes mit einer Puppe als Fährmann; außerdem 
Fleischer- und in gläsernen Behältern ein Frachtwagen in Duodez, 
wenn hier Einkehr der Fuhrleute stattfindet. Es deutet das, sowie 
die mit geschnitzten Figürchen bedeckten Maibäume, die zahlreichen 
bunten Heiligenbilder u. a. m., gewiß auf ein schon südlicheres, dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.