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berühmte Sternenwirthshaus, von wo man höchst interessante Aus-
slüge nach dem Titisee, dem Feldberg, den Vierthälern,
den Schanzen u. s. tu. machen kann, um dann am folgenden Tage
die Reise nach Süden oder Norden fortzusetzen oder einen Abstecher
nach dem freundlichen Städtchen Lenzkirch zu machen.
52. Der Gletscher des Großglockner.
Am südlichen AbHange der norischen Alpenkette liegt am
Fuße des Großglockners ein wundervolles enges Alpenthal,
durchströmt von der aus dem Gletscher des Riesenberges kommen-
den Möll. Bon den Felsenwänden, die es auf beiden Seiten
einschließen, stürzen zahlreiche Alpenbäche über schroffe Steinmassen
oder ziehen sich in dünnen weißen Fäden an den Felsen herab.
Dicht neben der Straße hat die Möll sich einen Weg unter den
Felsen hinweg gebahnt und stürzt, aus dem unterirdischen Gange
herauskommend, wohl 20 Ellen tief in einen grausigen Felsenkessel.
— Jetzt wendet sich der Weg, und plötzlich sieht man im Hinter-
gründe des Thales das Alpendorf Heiligenblut, 1412 Meter hoch
über dem Meere. Und dahinter, wo das Thal sich schließt, ragt
zwischen den zwei grünen Bergen eine weiße, zackige, unförmliche
Masse hervor; es ist der Gletscher des Großglockner, und
oben darüber in die Wolken hineinragend der 3762 Meter hohe
Großglockner selbst, der höchste Berg der norischen Kette, starrend
von Schnee und Eis und schwarzen Felsen.
Muthig ritten wir in Begleitung von zwei Führern die erste
Anhöhe hinan. Voraus zog eine Kuh- und Ziegenheerde aus eine
andere Alpenweide, und der pfeifende und jodelnde kleine Knhbube
mit rothbrauner Jacke trug ein großes Milchfaß auf seinem Rücken.
Als wir an der öden Sennhütte ankamen, wo die Heerde sich ein-
quartieren wollte, erhob das Vieh ein freudiges Brüllen und die
Ziegen kletterten fröhlich über die Felsen zur Hütte hinan. Der
Weg ward immer steiler. Links lag der schöne Leiterfall und weiter
oben eine ungeheure Felsenwand mit rothen Alpenröschen geradezu
überdeckt. Es war ein wahrer rother Teppich, und hocherfreut
pflückten wir die lieblichen Blumen, um unsere Hüte damit zu
schmücken. Jetzt kamen wir an eine steile Felswand von glattem,
schwarzem Thonschiefer, — da hinan ging der Saumweg. Ein
einziger Fehltritt des Pferdes auf den in Felsen gehauenen Stufen
würde uns in die Tiefe hinabgestürzt und an den Felsen zerschellt
haben. Aber die Pserde stiegen hinan mit bewunderungswürdiger
Kunst und Sicherheit. Jetzt ward der Weg immer noch steiler und
gefährlicher. Abgestiegen von den Pferden wateten wir durch Gras
und Sumpf unverdrossen der Höhe zu. Da mit einem Male, nach-
dem wir zwei Stunden gestiegen, erblickten wir den Gletscher dicht