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absprechen kann. Dicht an die Stadt stößt ein bleibendes Zigeuner-
lager, das größte, das vielleicht überhaupt zu sehen ist; dort wird
das Leben verraucht, verschlafen oder in abenteuerlichen Melodien
vergeigt. Unweit dieser Wohnungen, die an Schmutz höchstens
von den Kleidern der Insassen übertroffen werden, erhebt sich das
Kloster zur Himmelfahrt, zu welchem alljährlich am 15. August
die christliche Bevölkerung der Krim große Wallfahrten anstellt. Die
Hauptstadt der Halbinsel, Sympheropol, zeigt ein buntscheckiges
Bild aller möglichen Trachten und Lebensweisen. Durchschneiden
wir das Land nach Osten, so kommen wir nach der Hafenstadt
Kaffa, von der aus Genua einst zwei Jahrhunderte lang das
schwarze Meer beherrschte. Der Hauptverkehr im östlichen Theile
der Krim hat sich jetzt nach Kertsch gezogen, einem Hafenplatze
des immer mehr versandenden asowschen Meeres. Nordwärts
von Kertsch dehnt sich eine Steppe aus, deren gefahrvolle Pfade
nur von ganz leichten Fuhrwerken, von den russischen Telegen
und von den wallachischen Caruzzen befahren werden können,
immer aber zum andauernden Schrecken und zur peinvollen Durch-
rüttelung der Reisenden. Im Norden läuft die Steppe in eine
Landzunge aus, die sich zwischen dem asowschen und dem faulen
(Sivach-) Meere hinzieht. Im Anfange dieser Landzunge liegt
die Festung Ära bat.
Wie lachend die Südküste der Krim, so traurig ist ihre Nord-
oftfette. Westwärts liegt eine andere, weit wichtigere Festung,
Perekop, auf Isthmus gleichen Namens, welcher die Krim mit
dem übrigen Rußland verbindet. Wandern wir landeinwärts, so
begegnen wir Wüsteneien, die vom Schiffe der Wüste, dem Kameele,
und von zahlreichen Karavanen durchzogen werden, ferner sieht
man unermeßliche Getreidefelder, und neben tatarischen Dörfern
fremde, namentlich deutsche Niederlassungen.
Die tatarischen Frauen spinnen sehr fleißig, und führen den
Rocken in der Regel mit sich. Rothe Haare gelten als eine befon-
dere Schönheit. Die Fingernägel werden ziegelroth gefärbt, und
die Augenbrauen so gemalt, daß sie über der Nasenwurzel zusam-
men zu treffen scheinen. Handtücher und Schleier werden mit Gold-
und bunten Seidenfäden durchstickt. Die Tatarenmädchen tragen
rothe Mützen mit blauen, glatten Quasten. Die Haare werden
in fünfzig kleine Flechten geflochten.
In den Städten sind zahlreiche Kaffeehäuser. Dieselben haben
viereckige Abtheilungen, welche durch gedrechselte Geländer gesondert
sind. Auf einem Divan, der diesen engen Raum umschließt, mit
einem Kohlenbecken in der Mitte, umgeben von den Pantoffeln,
welche man auf dem Boden stehen läßt, hocken hier Tataren,
Armenier, Karaims, und rauchen Stunden lang schweigend
aus ihren langen Pfeifen von jungen Kirschbäumen. Ueber diesen