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Größe noch an Schönheit übertreffen sie den von Portugals Haupt-
stadt, dem Th ore Europa's. Von Alm ad a's Felsenbastei (dem
günstigsten Standpunkte für die Betrachtung Lissabons) schweift der
Blick über den majestätisch wie ein Meer sich zwischen hohen Borden
fortwälzenden Tajo, und jenseits auf drei Hügeln, von denen un-
zählige Häuserreihen nach allen Richtungen bis ans Ufer und weit
in die benachbarten Niederungen sich hinranken, thront, in male-
rischer Gruppiruug, die Königsstadt mit ihren 224,000 Einwohnern.
Sieben- bis achttausend zum Theil prächtige Sommerwohnungen,
Schlösser, Kapellen und Klöster bedecken in einer Entfernung von
mehreren Meilen, und so weit das Auge reicht, die bezaubernden
Ufer des Stromes, die Hügel wie die Thäler, und der üppigste
Pflanzenwuchs in lachenden Gärten, in Weinpflanzungen, Oliven-
und Orangenhainen, hilft, vereint mit dem tiefen reinen Blau des
Himmels, ein Gemälde vollenden, das den Beschauer mit Entzücken
und Bewunderung erfüllt.
An Portugals Bewohnern, deren Zahl 3,986,558 beträgt, kann
man die jüdische und maurische Abkunft um so leichter erkennen,
als das Blut dieser Völker nur wenig mit nordischem gemischt ist.
Diese Menschen sind mehr klein als mittelgroß, ohne stark zu sein,
dick, doch ausdauernd. Von den Bewohnern Europas haben sie
die dunkelste Gesichtsfarbe. Die Augen sind feurig, die Haare
schwarz, und die Männer haben einen starken Bart. Ihr Aussehen
ist ernsthaft, fast hochmüthig, doch findet man bei dem weiblichen
Geschlechte manches angenehme, offene und heitere Gesicht. Durch
das Zimmerleben haben die Damen ein blasses Aussehen, welches
sie bis ins Alter behalten, ja, das sogar im hohen Alter olivengelb
wird. Der Gang der Damen ist nicht so zierlich schön, als der
der Spanierinnen.
Unter den Kindern der Höheren findet man viele hübsche; die
Kinder der Niederen haben in Gesichtsbildung und Hautfarbe viele
Aehulichkeit mit den Ziegeuuern.
Von den ruhmwürdigen Thaten, welche einst die Vorfahren
verübt, sind den schwachen, trägen Nachkommen nur die Erinne-
rungen geblieben; und jetzt, da ihnen kein großer Theil der Erde
mehr unterthan ist, und sie zu schwach sind, sich halbe Erdtheile zu
unterwerfen, prahlen sie mit dem, was einst ihr Volk besaß, und
sprechen immer fort von sich und dem Ruhme ihres Volkes, ohne
zu bedenken, daß sie sich dadurch in den Augen des Fremden nur
lächerlich machen. Zur Sinnlichkeit geneigt, sind sie zugleich reiz-
bar und eitel, können Widerspruch nicht ertragen, und sind träge.
Die Spanier werden von ihnen seit lange gehaßt, was sich in den
Worten und Handlungen der Hohen und Niedern kund giebt. Räch-
süchtig, sind Portugals Bewohner schnell mit dem Messer bei der
Hand; doch sollen sie treue Freunde sein.