sie sich in der Stunde des Todes, welin ihn Gott vor Gericht
fordert?
Das Geld, sein bester Freund, verläßt ihn zuerst und geht nicht
mit ihm.
Seine Verwandten und Freunde begleiten ihn bis zur Tür des
Grabes und kehren wieder zurück in ihre Häuser.
Der dritte, den er im Leben oft am meisten vergaß, sind seine
guten Werke. Sie allein begleiten ihn bis zum Throne des Richters.
Sie gehen voran, sprechen für ihn und finden Barmherzigkeit und
Gnade. Johann Gottfried Herder.
72. Spruch.
Freunde in der Not,
Freunde im Tod,
Freunde hinterm Rücken,
sind drei starke Brücken.
73. Der alte Löwe.
Ein alter Löwe lag kraftlos vor seiner Höhle und erwartete
den Tod. Die Tiere, deren Schrecken er bisher gewesen war, be—
dauerten ihn nicht. Sie freuten sich vielmehr, daß sie ihn los wurden.
Einige von ihnen, die er sonst verfolgt hatte, wollten nun ihren
Haß an ihm auslassen. Der arglistige Fuchs kränkte ihn mit beißen⸗—
den Reden. Der Wolf sagte ihm die ärgsten Schimpfworte. Der Ochse
stieß ihn mit den Hörnern. Das wilde Schwein verwundete ihn mit
seinen Hauern. Selbst der träge Esel gab ihm einen Schlag mit
seinem Hufe. Das edle Pferd allein blieb schweigend stehen und
tat ihm nichts, obgleich der Löwe seine Mutter zerrissen hatte.
„Willst du nicht dem Löwen auch eins hinter die Ohren geben?“
fragte der Esel. Das Pferd antwortete: „Ich halte es für nieder—
trächtig, mich an einem Feinde zu rächen, der mir nicht mehr schaden
kann.“ Asop.
74. Sankt Martin.
Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind.
Sein Roß, das trug ihn fort geschwind.
Sankt Martin ritt mit leichtem Mut,
sein Mantel deckt ihn warm und gut.